Leserbrief
Gott erfahren
Zu: »Gott – jenseits und diesseits zugleich« (1/2024, Seite 37)
Joachim Negel antwortet haarscharf an der Frage nach den Kriterien für die »Echtheit« von sogenannten Gotteserfahrungen vorbei – ohne zu sagen, dass es solche Kriterien nicht gibt, nicht geben kann. Gäbe es sie, könnten sie Anspruch auf Allgemeingültigkeit haben. Aber solche Erfahrungen sind ganz und gar persönlicher Natur. Sie können nicht verallgemeinert werden, und sind nicht von anderen nachprüfbar und daher auch immer etwas fragwürdig. Auch das Bild, das mit der Emmausgeschichte gemalt wird, kann durchaus auch ohne einen Gott gelesen werden. Es stellt sich die Frage: Was ist Gott denn überhaupt? Ist er überhaupt ein Sein? Ist er etwas Seiendes? Wenn ja, dann gibt es ihn. – Wenn nein, dann würde ihm etwas zur Vollkommenheit fehlen, dann wäre er nicht Gott. Wenn Gott existiert, wenn er ist, dann wäre damit das Dasein von Gott untrennbar. Oder was wäre er dann? Manfred Flerus, Königswinter
Gott – jenseits und diesseits zugleich. Eine treffende Antwort von Joachim Negel, wenn man Gott überhaupt verorten kann beziehungsweise will. Unsere Vorstellung von Himmel und Erde ermöglicht dies, ebenso unsere gedankliche Wechselbeziehung zwischen Gott und Mensch im Glauben. Josef Eisend, Malsch
Ich erkenne die Echtheit von Gotteserfahrungen an ihren Konsequenzen. Die Worte und Taten des Jesus von Nazaret hätten nicht gereicht, um seine Anhänger von seinem Gott zu überzeugen. Erst die Erfahrungen mit dem Auferweckten wandelten die Enttäuschten in mutige Verkünder. Das war der Urknall für das Christentum. Ohne diese umwerfenden Erfahrungen gäbe es kein Christentum! Mystiker und Mystikerinnen aller Jahrhunderte hinterließen ihre Erfahrungen in umfangreichen Schriften. Für uns bleibt, diesen Zeugen der Wirklichkeit Gottes zu glauben.
Otti Altmeyer, Eppelborn
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Als Fundamentaltheologe bleibt Joachim Negel in seiner Betrachtung zu Gotteserfahrung von Mystikern im Apriori bei den dogmatischen Setzungen theologischen ›Wissens‹ stehen: »Gotteserfahrung pur gibt es nicht!« – »Einen Gott, den es gibt, gibt es nicht.« Diese Setzung von Mystikern meint: ›Gott‹ als Gottesbild menschlicher Erkenntnis gibt es nicht, die Ratio kann ›Gott‹ nicht erfassen. Sie meint nicht: »Gott ist nicht Gegenstand unter Gegenständen …«. Der zitierte Thomas von Aquin sagte nahe dem Totenbett: »Alles, was ich geschrieben habe, scheint Stroh zu sein im Vergleich mit dem, was ich gesehen habe und was mir geoffenbart worden ist.« Mystische Gotteserfahrung scheint transrational und als Gnade (nicht Verdienst) geschenkt zu werden. Übereinstimmend, aber in Bildern, berichten Mystiker über ihre Gotteserfahrung: ›Gott‹ ist keine Person, sondern eher ein alles umfassendes Bewusstsein. Es gibt nur eine Existenz, nicht zwei (Gott hier, Schöpfung da). Dieses alles Sein umfassende Bewusstsein, der Urgrund, ist überall und überall vollständig (Panentheismus).
Philipp Bockenheimer, Linden