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Dieser Artikel stammt aus
Publik-Forum, Heft 15/2020
Der Inhalt:

Ein legendäres Leben für den Folk

von Thomas Winkler vom 14.08.2020
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Folk. 85 Jahre alt ist diese Stimme, und ja, jedes einzelne dieser Jahre ist ihr anzuhören – und noch ein paar hundert Jahre mehr. Denn wenn Shirley Collins singt, dann schwingt in dieser Stimme nicht nur ihre eigene aufregende Vergangenheit mit, sondern auch die ganze Historie des Folk. Die Engländerin ist mehr als eine Sängerin, sie ist eine Forscherin, eine Legende, eine Institution. Ende der 1950er-Jahre zog sie mit ihrem damaligen Lebensgefährten, dem legendären Musikarchäologen Alan Lomax, durch die US-Südstaaten, um Blues- und Folk-Standards aufzunehmen. Zurück in der Heimat wurde sie zu einer treibenden Kraft des britischen Folk-Revivals der 1960er-Jahre und nahm mehrere Alben auf, die als Klassiker gelten. Für Billy Bragg ist sie »ohne Zweifel einer der größten Kulturschätze Englands«. Doch in einer privaten Krise erkrankte sie an einer Stimmstörung, musste die Musik aufgeben und sich, während sie noch Orden und Ehrendoktorwürden sammelte, mit schlecht bezahlten Jobs durchs Leben schlagen. Die legendäre Shirley Collins drohte vergessen zu werden – so wie viele der Lieder, die sie vor dem Vergessen gerettet hat. 2016 dann die unerwartete Auferstehung: Erst da kam das Album »Lodestar«, ein Jahr später der sehr sehenswerte Dokumentarfilm »The Ballad of Shirley Collins«. Nun ist mit »Heart’s Ease« Collins neues Album erschienen. Sie singt wieder Lieder, die – ob aus eigener Feder oder aus dem Archiv – immer zeitlos klingen. Und sie singt mit einer Stimme, die die Krankheit überwunden und zu ihrer alten Selbstsicherheit zurückgefunden hat, ohne die Narben zu verleugnen, die dieses außergewöhnliche Leben hinterlassen hat.

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