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Dieser Artikel stammt aus
Publik-Forum, Heft 12/2021
Der Inhalt:
Politik & Gesellschaft
Leben & Kultur

Pro und Contra
Funktioniert unser Rentensystem noch?

Renteneintritt erst mit 68 Jahren – mit diesem Vorschlag sorgt der Wissenschaftliche Beirat des Wirtschaftsministeriums für Aufregung. Müssen wir länger arbeiten, weil wir immer länger leben? Oder hat das bestehende System Zukunft? Stimmen Sie hier ab!
vom 22.06.2021
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Ist das Rentensystem zukunftsfähig? (Foto: istockphoto/Ljupco)
Ist das Rentensystem zukunftsfähig? (Foto: istockphoto/Ljupco)

Verena Bentele:

Ja, die Warnungen sind Panikmache

Drei von vier jungen Menschen zwischen 18 und 34 Jahren haben kein Vertrauen in die gesetzliche Rente. Warum? Weil ihnen seit Jahren deren Kollaps vorhergesagt wird. Deswegen müssten die Deutschen länger arbeiten, das Rentenniveau weiter sinken, heißt es. Kein Wunder, dass bei so viel Panikmache junge Menschen die gesetzliche Rente für nicht zukunftsfähig halten. Dabei ist es leicht, sie zukunftsfähig zu machen.

Dieser Artikel stammt aus Publik-Forum 12/2021 vom 25.06.2021, Seite 8
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Natürlich haben die Paketbotin oder der Frisör kein Vertrauen in ein System, das sie zwingt, bis 68 oder gar 70 zu arbeiten, ihnen aber trotzdem nur eine Altersversorgung unter dem Existenzminimum bietet, sollte das Rentenniveau tatsächlich weiter sinken. Schon jetzt müssen zukünftige Rentner länger, also bis 67, arbeiten und bekommen dadurch kürzer Rente. Ihre Lebenserwartung wird nicht genauso schnell steigen wie die Lebensarbeitszeit.

Deswegen muss diese Angstmacherei aufhören. Der Beitragssatz für die Rentenversicherung lag 1983 bei 18,5 Prozent. Heute liegt er bei 18,6 Prozent. Er ist also stabil. Der Einwand, dies sei nur durch steigende Zuschüsse aus dem Haushalt erreicht worden, ist falsch. 2003 lag der Anteil der Ausgaben für die gesetzliche Rentenversicherung am Bruttoinlandsprodukt bei fast elf Prozent. Aktuell liegt er mehr als ein Prozent darunter.

Was wir wirklich brauchen, ist ein stabiles Rentenniveau von mindestens fünfzig Prozent des durchschnittlichen Verdienstes. Geringverdiener müssen mit einem Mindestlohn von 13 Euro bezahlt werden, damit sie eine Rente über der Grundsicherung erhalten. Und wir brauchen mehr Beitragszahler: mehr Frauen, die arbeiten können, auch wenn die Kinder noch klein sind. Vor allem aber mehr Menschen, für die das Solidaritätsprinzip gilt: Politiker, Beamte und Selbstständige. Auch sie sollten in die gesetzliche Rente einzahlen.

Johannes Geyer:

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Nein, Reformen sind notwendig

Wenn bei der Rente die doppelte Haltelinie ab 2026 nicht mehr gilt, wird der Beitragssatz auf über zwanzig Prozent steigen und das Rentenniveau unter 48 Prozent fallen. Ohne Reformen geht das nicht lange gut. Klar ist: Ein steigender Beitragssatz belastet Beschäftigte und Unternehmen und muss daher begrenzt werden. Und ein geringeres Rentenniveau verschärft die prekäre Einkommenssituation vieler Rentner und Rentnerinnen. Gleichzeitig wurde das Drei-Säulen-Modell aus gesetzlicher, privater und betrieblicher Altersvorsorge zwar von einer rot-grünen Koalition eingeführt, aber von keiner Bundesregierung vollendet. Das Leistungsniveau der gesetzlichen Rentenversicherung wurde gesenkt, ohne angemessenen Ersatz in der zweiten und dritten Säule zu schaffen.

So sind die private und betriebliche Vorsorge unzureichend verbreitet, und bei der Versicherung von Erwerbsminderung und der Hinterbliebenenversorgung bestehen Lücken. Weil viele der »Babyboomer« noch arbeiten und wegen der Rekorderwerbstätigkeit der vergangenen Jahre, konnten zuletzt wieder Leistungen in der Rentenversicherung ausgeweitet werden (beispielsweise mit der »Mütterrente« und »Rente mit 63«). Finanziert wurde dies vorrangig aus dem sprudelnden Beitragsaufkommen. Versäumt wurde aber eine Reform, die die Rente auf die kommenden Herausforderungen besser vorbereitet.

Die Beitragssätze werden nicht nur in der Rente steigen, sondern auch in der Pflege- und Krankenversicherung. Die Politik hat es verpasst, den erwartbaren Verteilungskonflikten vorzubauen. So kommt die Diskussion über die Rente mit 68 nicht überraschend. Es ist doch klar, dass entweder die Beitragsbasis gestärkt werden muss und/oder die Ausgaben reduziert werden müssen, damit das Rentensystem auch in Zukunft funktioniert.

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Personalaudioinformationstext:   Verena Bentele, geboren 1982,
ist Präsidentin des
Sozialverbandes VdK.

Johannes Geyer, geboren 1978, ist stellvertretender Leiter der Abteilung Staat am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin.
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Funktioniert unser Rentensystem noch?

Renteneintritt erst mit 68 Jahren – mit diesem Vorschlag sorgt der Wissenschaftliche Beirat des Wirtschaftsministeriums für Aufregung. Müssen wir länger arbeiten, weil wir immer länger leben? Oder hat das bestehende System Zukunft? Stimmen Sie hier ab!
29 x Ja, die Warnungen sind Panikmache
20 x Nein, Reformen sind notwendig
insgesamt abgegebene Stimmen: 49
59%
Schlagwort: Rente
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Hubert Teufel 30.06.2021, 15:03 Uhr:
Bei der Rentenversicherung soll das Solidaritätsprinzip gelten; alle - auch Beamte, Politiker und Selbstständige - sollen einzahlen.
Warum wurde eine Beitragsbemessungsgrenze eingeführt? Die "Gutverdiener" sollen denselben prozentualen Beitragsatz bezahlen wie die z.B. auf Mindestlohnbasis Arbeitenden.

Michael Liß 27.06.2021, 17:02 Uhr:
Meine Tochter, Erzieherin, zahlt eine Zusatzversorgung über "Riester". Würde der abzuführende Rentenbeitrag der gesetzlichen Rente um 2% höher liegen, bräuchte sie nur 1% monatlich mehr abführen - deutlich weniger als die Riesterrente. Sie hätte jetzt mehr Geld und später eine sichere Rente. Aber es geht ja augenscheinlich nur darum, den privaten Sektor zu stärken und Unternehmensgewinne zu steigern anstatt eine vernünftige Rente zu generieren.

Reiner Neises 27.06.2021, 07:49 Uhr:
Die Beitragsbasis für die Rentenversicherung muss geändert werden. Alle Einnahmegruppen sollten in die Sozialversicherung einzahlen. Insbesondere sollten auch Kapitaleinnahmen für die Rentenversicherung abgabepflichtig sein – mit einem deutlich geringeren Rentenanspruch, da sie regelmäßig ohne Leistung vereinnahmt werden. Und es kann nicht sein, dass vergleichsweise gutverdienende Berufsgruppen sich in Versorgungswerke wegducken können.

Georg Lechner 24.06.2021, 15:07 Uhr:
Wenn immer weniger Menschen eine bezahlte Arbeit finden, wird überhaupt eine generelle Reform der Umverteilung erforderlich. Aber was soll eine Erhöhung des Rentenantrittsalters in Zeiten hoher Jugendarbeitslosigkeit? Der neoliberale Zinnober um Rentenalter etc. führt doch nur zu kontraproduktivem Angstsparen und damit zu einer Negativspirale aus mangelnder Nachfrage, steigender Arbeitslosigkeit und sinkenden Staatseinnahmen. Griechenland lässt grüßen ....

Christel Fichtner 23.06.2021, 11:44 Uhr:
Ich frage mich, warum das Renteneintrittsalter in Frankreich 60 Jahre beträgt und bei uns 65 und länger und dann noch länger abkassiert wird. Und wie sieht es in den anderen europäischen Ländern aus? Arbeiten wir für deren Rentenkasse mit?
Gleichzeitig erfährt man, dass selbst während der Corona-Zeit der Reichtum bestimmter Schichten in Deutschland anwuchs!

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