Wir weinen, wir sterben, niemand sieht es
von
Elisa Rheinheimer-Chabbi
vom 14.11.2018

James Gong, aus Sicherheitsgründen von hinten fotografiert, hat Todesangst. In seinem Land herrscht Bürgerkrieg: »In den Augen unserer Regierung sind wir nicht länger Menschen.« (Foto: privat)
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Reverend James Gong ist Pfarrer in Kamerun. Mit seiner Familie lebt er im Westen des Landes, in dem Ort Ndop. Am Mittwoch, 14. November, ist er mit Publik-Forum zu einem Telefonat verabredet, um über die Situation in seiner Heimat zu berichten, die sich immer mehr zuspitzt. Eine Telefonverbindung kann nicht aufgebaut werden, und so sende ich Fragen per WhatsApp und James Gong, der eigentlich anders heißt, beantwortet sie in Echtzeit schriftlich und per Sprachnachricht. »Wir sind unter Beschuss« ist das Erste, was er sagt. »Jetzt gerade.«
Publik-Forum.de: Herr Gong, wo sind Sie gerade?
James Gong: Ich bin in meinem Haus, das kann ich schon seit Tagen nicht mehr verlassen
Das sind die letzten Worte, die James Gong gegenüber Publik-Forum sagt. Dann kommt noch eine Nachricht von ihm. Die Kämpfer hätten sich von seinem Haus entfernt, Schüsse fielen jetzt weiter weg, schreibt er. Update vom 15. November: Rev. James Gong und seine Familie haben überlebt – bisher.
Der Konflikt in Kamerun geht letztlich auf die Kolonialzeit zurück. Kamerun war einst eine deutsche Kolonie, später teilten Frankreich und Großbritannien das Land unter sich auf. Am 26. September hat der Deutsche Bundestag über die Lage in Kamerun diskutiert. In einem Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen heißt es: »Die Zentralregierung nutzte in den vergangenen Jahren insbesondere das Justiz- und Bildungswesen dazu, die englischsprachigen Westprovinzen strukturell zu schwächen, indem dort vorwiegend Richterinnen, Staatsanwälte sowie Lehrpersonal mit Kenntnissen des französischen Rechts- und Schulsystems eingestellt wurden. Die Bevölkerung reagierte zunächst mit Generalstreiks und friedlichen Demonstrationen, die von der Regierung gewaltsam niedergeschlagen wurden.« Gegen beide Konfliktparteien gibt es Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen. Jene, die von der kamerunischen Armee verübt wurden, hat Amnesty International in einem Bericht zusammengefasst. Auch der Erzbischof von Bamenda, Cornelius Fontem Esua, stellt fest: »Die Armee ist ein Symbol für Folter und Tod. Sie nehmen Menschen fest, foltern, zünden Häuser an. Das macht die Armee – nicht die Amba-Boys«. Dennoch plant die Bundesregierung über das sogenannte Ausstattungshilfeprogramm den kamerunischen Streitkräften militärische Ausrüstung und Ausbildung zukommen zu lassen. Das Bistum Limburg hatte bereits Anfang Juni einen Brandbrief an die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung verschickt, in dem von einer »Eskalation der Gewalt« im Nordwesten Kameruns die Rede ist, von Massakern, einer traumatisierten Bevölkerung und »eine Strategie des Aushungerns und der Vertreibung der anglophonen Bevölkerung«. Auch BBC und Amnesty berichten von Massakern der Armee an Männern, Frauen und Kindern. Laut Vereinten Nationen sind inzwischen mehr als 250 000 Kameruner auf der Flucht, andere Quellen sprechen von mindestens 300 000 Flüchtlingen. In einem Antrag der FDP-Fraktion vom 27. Juni 2018 forderten die Liberalen von Deutschland und der EU »schnelles, präventives Handeln, um einer weiteren Destabilisierung und Eskalation der Krise entgegenzuwirken.« Die Bundesregierung fördert die kamerunische Regierung derzeit mit einem Projekt zur »guten Regierungsführung«. »In diesem Bereich scheint die Zielsetzung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit angesichts der eskalierenden anglophonen Krise deutlich verfehlt worden zu sein«, urteilt die FDP. Auch deshalb sei Deutschland in der Verantwortung. Das sieht auch Ulrich Delius, Direktor der Gesellschaft für bedrohte Völker, so: »Deutschland und die Europäische Union dürfen nicht länger die Augen vor der eskalierenden Flüchtlingskrise in Westafrika verschließen.«
Der Konflikt in Kamerun geht letztlich auf die Kolonialzeit zurück. Kamerun war einst eine deutsche Kolonie, später teilten Frankreich und Großbritannien das Land unter sich auf. Am 26. September hat der Deutsche Bundestag über die Lage in Kamerun diskutiert. In einem Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen heißt es: »Die Zentralregierung nutzte in den vergangenen Jahren insbesondere das Justiz- und Bildungswesen dazu, die englischsprachigen Westprovinzen strukturell zu schwächen, indem dort vorwiegend Richterinnen, Staatsanwälte sowie Lehrpersonal mit Kenntnissen des französischen Rechts- und Schulsystems eingestellt wurden. Die Bevölkerung reagierte zunächst mit Generalstreiks und friedlichen Demonstrationen, die von der Regierung gewaltsam niedergeschlagen wurden.« Gegen beide Konfliktparteien gibt es Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen. Jene, die von der kamerunischen Armee verübt wurden, hat Amnesty International in einem Bericht zusammengefasst. Auch der Erzbischof von Bamenda, Cornelius Fontem Esua, stellt fest: »Die Armee ist ein Symbol für Folter und Tod. Sie nehmen Menschen fest, foltern, zünden Häuser an. Das macht die Armee – nicht die Amba-Boys«. Dennoch plant die Bundesregierung über das sogenannte Ausstattungshilfeprogramm den kamerunischen Streitkräften militärische Ausrüstung und Ausbildung zukommen zu lassen. Das Bistum Limburg hatte bereits Anfang Juni einen Brandbrief an die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung verschickt, in dem von einer »Eskalation der Gewalt« im Nordwesten Kameruns die Rede ist, von Massakern, einer traumatisierten Bevölkerung und »eine Strategie des Aushungerns und der Vertreibung der anglophonen Bevölkerung«. Auch BBC und Amnesty berichten von Massakern der Armee an Männern, Frauen und Kindern. Laut Vereinten Nationen sind inzwischen mehr als 250 000 Kameruner auf der Flucht, andere Quellen sprechen von mindestens 300 000 Flüchtlingen. In einem Antrag der FDP-Fraktion vom 27. Juni 2018 forderten die Liberalen von Deutschland und der EU »schnelles, präventives Handeln, um einer weiteren Destabilisierung und Eskalation der Krise entgegenzuwirken.« Die Bundesregierung fördert die kamerunische Regierung derzeit mit einem Projekt zur »guten Regierungsführung«. »In diesem Bereich scheint die Zielsetzung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit angesichts der eskalierenden anglophonen Krise deutlich verfehlt worden zu sein«, urteilt die FDP. Auch deshalb sei Deutschland in der Verantwortung. Das sieht auch Ulrich Delius, Direktor der Gesellschaft für bedrohte Völker, so: »Deutschland und die Europäische Union dürfen nicht länger die Augen vor der eskalierenden Flüchtlingskrise in Westafrika verschließen.«
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