Leserbrief
Umstrittene Freiheit
Zu: »Sie sind so frei« (23/21, Seite 12-15)
Dass Wolfgang Thierse so dem allgemeinen Narrativ folgt und im Grunde Spaltung und Sündenbockmechanismus Tür und Tor öffnet, finde ich äußerst beunruhigend. Natürlich sind die Rechte des Individuums begrenzt. Dass aber der Freiheitsanspruch des Einzelnen, im Grunde die Grundrechte, als eigentliches Problem dargestellt wird, finde ich skandalös. Ich fühle mich durch seine Worte persönlich erschüttert. Georg Turnovszky, Wien
Wolfgang Thierses Artikel ist selbstverständlich rhetorisch geschliffen, zielt aber deutlich auf eine weitere Entzweiung der Gesellschaft durch die pauschale Einteilung von Menschen in pflichtbewusst gut und verantwortungslos böse. Selbst der lediglich behauptete – nicht bewiesene – egoistische Freiheitsbegriff der »Impfskeptiker« wäre ja nur das folgerichtige Ergebnis einer jahrzehntelangen Erziehung der Gesellschaft zur unbedingten, rücksichtslosen Selbstverwirklichung (Spaßgesellschaft). Mein Eindruck ist aber, viele nun gegen Corona Geimpfte wollen endlich ihre Reise- und Konsumfreiheit zurück (Versprechen seitens der Politik), gepaart mit einer gehörigen Portion Sorge. Das mag pragmatisch und auch richtig sein, ob allerdings Pflichtbewusstsein und Solidarität vorherrschende Motivation sind – zweifelhaft. Frank Szymkowiak, Herten
Publik-Forum ist mir wichtig. Ich freue mich auf jede neue Ausgabe: Ich bin immer gespannt auf das Titelthema und dessen bildliche Darstellung. Und ich weiß, dass die Vielfalt der in Ihrer Zeitschrift abgebildeten Stimmen Garantie dafür ist, dass ich aus der Lektüre positive Denkanregungen mitnehmen kann. Dieser Trost ist mir in Ihrer letzten Ausgabe leider verwehrt geblieben. Ich bin schuldig und auch Sie verurteilen mich. Die Sachlage ist für die Mehrheit der Bevölkerung klar, mein Standpunkt ist nicht rechtens und wird demnächst mit Bußgeld behängt werden müssen. Denn mein Standpunkt ist egoistisch und falsch: Ich bin Impfskeptikerin. Angelika Winkler, Thüringen
Eine Pandemie ohne Impfpflicht ist skurril und lebensgefährlich. Hier führte die Politik ihr Entscheidungsunvermögen ad absurdum, obwohl der Staat die Pflicht hat, die Bürger vor Schaden zu schützen. Lothar Stolte, Heidesee-Prieros
Der Artikel von Wolfgang Thierse macht mich sprachlos. Seine Einseitigkeit ist himmelschreiend. Er stellt Menschen, die für den freien Impfentscheid sind, pauschal an den Pranger, ohne sich überhaupt mit deren Argumenten auseinanderzusetzen. Sonja Raschert, Conil, Spanien
Danke für den Beitrag von Wolfgang Thierse, der mir aus dem Herzen spricht, wenn er das gestörte Spannungsverhältnis von Freiheit und Verantwortung in unserer freiheitlichen Demokratie beschreibt. Manfred Mahr, Marne
Hier tobt sich ein Totalitarismus aus, der offensichtlich jedes Maß von Abwägung verweigert und auf einer unterkomplexen Realitätsauffassung ruht. Thierse unterstellt allen, die sich nicht impfen lassen wollen, dass sie unvernünftig seien. Das ist Diffamierung und Ausgrenzung. Er lässt keine anderen Wirklichkeitsauffassungen als die seine zu. Er hat keinen Respekt vor anderen Abwägungen, vor dem Körper der anderen. Das ist übergriffig und totalitär. Stefan Herbst, Bonn
Als ich das Heft mit der Spritze auf dem Titelblatt aus dem Briefkasten gezogen habe, ist mir schier schlecht geworden! Ich bin bisher ungeimpft, weil sich alles in mir dagegen sträubt, und das hat Gründe: Meine ältere Schwester erkrankte nach der Pockenschutzimpfung schwer, was zu einer lebenslangen Schwerstbehinderung führte. Ein gesundes vierjähriges Kind aus meinem Umfeld erlitt nach der Masernimpfung das gleiche Schicksal. Und die Menschen, die ich kenne und die ungeimpft sind, haben ihre je eigenen legitimen Gründe für ihre Entscheidung und nehmen dafür ja inzwischen auch große Nachteile in Kauf. Warum stellen Sie die Impfung als so alternativlos dar? Gabriele Kastrup, Brilon
Wer spaltet? Drei Begriffe durchziehen den Artikel: Vernunft, Solidarität und das richtige Freiheitsverständnis. All das findet der Verfasser ausschließlich bei Geimpften. Mein Menschenbild ist anders – unabhängig vom Impfstatus. Almuth Steffen, Kronshagen
Publik-Forum EDITION
»Das Ende des billigen Wohlstands«
Wege zu einer Wirtschaft, die nicht zerstört.»Hinter diesem Buch steckt mein Traum von einer Wirtschaft, die ohne Zerstörung auskommt. / mehr
Was aber ist, wenn ich mich täglich immunisiere, weil ich mich viel draußen bewege, kein Auto fahre, das Beste aus dem Bioladen für meine täglichen Mahlzeiten verwende, mein seelischer Zustand nicht durch tägliche Horrormeldungen maßgeblich gestört wird? Ich meditiere, singe. (Ich höre schon die Hohngelächter! Damit will er sich vor dem Virus schützen?) Harald Riese, Heilsbronn
Es muss doch in einer reifen, pluralistischen, diversen und demokratischen Gesellschaft möglich sein, die Impfstrategie hinterfragen zu dürfen. Diese hat nachweislich nicht das erfüllt, was uns Virologen und Politiker im Frühjahr und Sommer 2021 versprochen haben. Hier ist mehr individuelle Eigenverantwortung gefragt, aber die wird derzeit brutal niederargumentiert. Markus Löffler, Rottweil
Als ein Leser der ersten Stunde von Publik-Forum hat mich dieser Artikel doch sehr betroffen gemacht. Mit der Darstellung schreiender, demonstrierender Menschen (wohl der rechten Szene, Verschwörungstheoretikern und AfD-Anhängern zuzuordnen) mit teilweise verzerrten und hasserfüllten Gesichtern stellen Sie alle die Menschen, die sich aus für sie guten Gründen gegen eine Impfung entschieden haben, mit diesen auf eine Stufe. Das halte ich
für pure Demagogie. Norbert Schmidt, Bremen
Danke für diesen Beitrag, der mir aus dem Herzen spricht! Ich erlebe auf mehreren Ebenen derzeit intensive Debatten zu diesem Thema. Und mich erschreckt es immer wieder, wie und dass sich Menschen als ausgegrenzt und gebrandmarkt empfinden und Solidarität für sich einfordern, obwohl sie doch selbst das verursachen, was sie beklagen! Die große Mehrzahl der Menschen muss sich Zugangshemmnissen stellen, viele Händler und Gewerbetreibende stehen vor einer ungewissen Zukunft, gar vor dem Ruin, viele Eltern wissen nicht mehr ein noch aus, weil Kinder in Quarantäne zu Hause betreut werden müssen und sie nicht wissen, wie das gestaltet werden soll. Alles, weil die Situation weiter so ist und wohl noch bleibt, wie sie ist – »dank« derer, die für sich die Impfung ablehnen. Aber eben nicht nur für sich, sondern zulasten der Mehrheitsgesellschaft und, ja, auch der an anderen Krankheiten Leidenden, die als potenzielle Triage-Opfer gegebenenfalls um ihr Leben gebracht werden. Matthias Altmann, publik-forum.de
Ich sehe mich nicht in meinen Rechten beschränkt oder bedroht. Ich sehe mich bedroht von Rechten und Beschränkten. Lieber glaube ich Wissenschaftlern, die sich mal irren, als Irren, die glauben, sie seien Wissenschaftler. Martin Vogell, publik-forum.de
Sehr fragwürdig finde ich es, kritische, andere Meinungen zur Corona-Krise und der Impfkampagne als unvernünftig oder gar pauschal aggressiv darzustellen und in die Verschwörungsecke zu tun. Das halte ich für die wahre Ursache von Spaltung und für eine Gefahr für die Demokratie. Statt sich mit den aus meiner Sicht, auch als Psychologin, ernsthaften kritischen Inhalten auseinanderzusetzen, werden sie abgewertet bis entwertet. Veronika Stapmanns, Uelzen
Ich fühle mich als Impfskeptiker gründlich missverstanden. Ich kenne viele Christen und links-grün angehauchte Menschen, die ähnlich denken. Es geht nicht um einen Freiheitswahn, sondern um die Sorge, den richtigen Weg zur Gesundheit zu finden. Herbert Rottstegge-Clemens, publik-forum.de
Bin speziell von dieser Ausgabe begeistert. Alle Bekannten beziehungsweise Freunde, die auch Publik-Forum beziehen, riefen sich gegenseitig an wegen der drei tollen Artikel, der eine von Herrn Thierse, dann »Gottlos beten« und »Gottlos im Pfarrhaus«. Annemarie Schrey, Mönchengladbach