Leserbrief
Kein Zwang zu leben
Zu: »Pro & Contra: Soll palliative Versorgung Suizidbeihilfe einschließen?« (22/2024, Seite 8)
Für sehr viele sterbenskranke Menschen gehört es zu ihrer Würde, dass ein Versterben im Kreise ihrer Lieben im häuslichen, vertrauten Umfeld möglich ist. Die meisten Menschen in Deutschland versterben einsam in Krankenhäusern und Pflegeheimen ohne palliative Versorgung. Begleitung durch ein spezielles ambulantes Palliativteam (SAPV) haben vor ihrem Tod nur etwa 15 Prozent erhalten, Zahlen für die palliative Versorgung durch Hausärzte und -ärztinnen liegen nicht vor. Der Vorschlag von Thomas Sitte, schwerkranken Menschen an ihrem Lebensende »Nicht-Ärzte für den assistierten Suizid zu empfehlen«, die diese Begleitung »sauber, preiswert, verfügbar und leidfrei durchführen können«, ist äußerst respektlos und wenig achtsam. Matthias Thöns erwähnt »absurde Medikamentencocktails«. Als Internist, Kardiologe und Palliativmediziner stimme ich ihm zu, dass es »fachärztliche Kompetenz braucht, wenn die Hilfe zur Selbsttötung wirklich sicher und leidlos sein soll«, und keine Nicht-Ärzte. Wenn schwerstkranke Menschen mit einer unheilbaren Erkrankung nicht mehr weiterleben wollen, müssen wir diese selbstbestimmte, freiverantwortliche Entscheidung respektieren – auch in der Palliativversorgung. Es kann keinen Zwang zum Weiterleben geben. Und wir dürfen diese schwächsten Menschen in ihrer Not nicht allein lassen und an unpersönliche Sterbehilfeorganisationen verweisen. Als bekennender evangelischer Christ begrüße ich die Duldung des assistierten Suizids etwa in den von-Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel. Dr. Matthias Salefsky, Aschaffenburg