Flüchtlinge: Kommunen am Limit
In den ehemaligen Hangars des Berliner Flughafens Tempelhof sind die behelfsmäßigen Wohncontainer voll, am Flughafen Tegel gibt es nun eine Zeltstadt. Wenigstens geht es in der Hauptstadt noch einigermaßen friedlich zu – in Nordwestmecklenburg musste die Polizei eine Kreistagssitzung gegen teils rechtsextreme Demonstranten schützen, weil das Kommunalparlament den Bau einer Flüchtlingsunterkunft beschließen wollte. »Der Bund muss endlich die Lage der Kommunen erkennen«, sagte der Landrat Tino Schromann in den Tagesthemen; die »illegale Migration« müsse gestoppt werden, die »Abschiebeoffensive endlich starten«. Bei einem CDU-Landrat wie Schromann klingt das vertraut. Doch auch sein Kollege Marco Scherf im unterfränkischen Kreis Miltenberg sagt: »Wir können diese große Zahl geflüchteter Menschen nicht mehr unterbringen, nicht mehr versorgen.« Und Scherf ist Mitglied der Grünen.
Der Städte- und Gemeindebund sieht insgesamt die Kommunen »an ihrer Leistungsgrenze«. Im vergangenen Jahr sind mehr als eine Million Menschen aus der Ukraine nach Deutschland gekommen. Zudem beantragten fast 218 000 Menschen zum ersten Mal in Deutschland Asyl, vor allem aus Syrien, Afghanistan und der Türkei. Elf Prozent dieser Anträge wurden für in Deutschland geborene Kinder von Geflüchteten gestellt, zieht man diese Anträge ab, kamen 193 000 Asylsuchende nach Deutschland. Das sind 58 Prozent mehr als 2021, als viele Menschen wegen Corona auf den Fluchtrouten festsaßen.
Nicht nur konservative Politiker fordern nun, dass Geflüchtete schneller abgeschoben werden, wenn ihr Asylantrag abgelehnt wurde. Fachleute und Flüchtlingsorganisationen verweisen jedoch darauf, dass die meisten abgelehnten Asylbewerber dennoch legal im Land leben. Es gebe auch keinen »Kontrollverlust« an den Grenzen und im Land, sondern konkrete Probleme bei der Versorgung von Schutzsuchenden. So sei die bundesweite Verteilung zu starr geregelt, in den Ballungsräumen komme die allgemeine Wohnungsnot hinzu. Auch zeigten die Integrationserfolge bei Geflüchteten aus der Ukraine, wie wichtig eine Arbeitserlaubnis und ein sicherer Aufenthaltsstatus seien.