Geschätzter Künstler, geschützter Missbrauchstäter
Anfang Dezember hatte der Generalobere der Jesuiten, Arturo Sosa, noch erklärt, dass »wir alle ein Recht auf eine gewisse Privatsphäre« hätten und dass es bei den Anschuldigungen gegen den Jesuiten-Künstler Marko Rupnik nicht um Minderjährige gehe, sondern um »Angelegenheiten zwischen Erwachsenen« (Publik-Forum 24/2022, Seite 6). Inzwischen haben sich mehrere Frauen in italienischen Medien zu Wort gemeldet: Sie geben an, als Schwestern der Loyola-Gemeinschaft in Slowenien von Rupnik zum Sex genötigt worden zu sein. Rupnik war geistlicher Begleiter der Gemeinschaft und nutzte den Angaben zufolge seine Autorität aus, um Frauen den Sex mit ihm als Gott wohlgefällig darzustellen.
Nach weiteren Medienberichten mussten die Jesuiten zugeben, dass Rupnik im Jahr 2020 exkommuniziert worden war, weil er einer Frau, mit der er Sex hatte, die Beichte deswegen abgenommen hatte, was ein schweres kirchenrechtliches Vergehen ist. Die Exkommunikation sei aber kurz darauf wieder aufgehoben worden, da Rupnik bereut habe.
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In einem Interview der Associated Press wurde Papst Franziskus nach seiner Rolle beim Aufheben der Exkommunikation und der Einstellung des kirchenrechtlichen Verfahrens gegen Rupnik befragt. Mit den Entscheidungen im Fall Rupnik habe er nichts zu tun gehabt, sagte Franziskus, er habe lediglich interveniert, dass zwei Verfahren gegen Rupnik zusammengelegt würden. Außerdem gab Franziskus an, dass er die Verjährungsfristen bei Fällen, in denen es um Minderjährige gehe, aufheben würde, aber nicht bei anderen Fällen.
Rupnik konnte nach seiner aufgehobenen Exkommunikation weiter als Künstler und Priester wirken, er war im Vatikan aktiv und wurde im Januar letzten Jahres sogar vom Papst empfangen. Die Zeitung Domani veröffentlicht Stimmen aus Slowenien, die sagen, dass den dortigen Bischöfen und auch innerhalb des Jesuitenordens Missbrauchsbeschuldigungen gegen Rupnik bekannt gewesen seien. Mary McAleese, die ehemalige irische Präsidentin, kommentierte, dass der Jesuitenorden und das Dikasterium für die Glaubenslehre weiter wie »Alte-Männer-Clubs« agierten und scheinheilig und blind seien gegenüber Prinzipien wie Rechenschaftspflicht, Transparenz und Gerechtigkeit.