Leserbrief
Grüner Pragmatismus
Zu: »Die Angst vorm Lützi-Trauma« (2/2023, Seite 10)
Lützerath lag zuletzt auf einer durch den nahen Braunkohletagebau geschaffenen Zunge, die geophysikalisch dem Ort keine Zukunft versprach. Die Bewohner hatten den Ort auch deshalb aufgegeben. So wurde von Bundesminister Robert Habeck und NRW-Ministerin Mona Neubaur der Ort »geopfert«, dafür aber wurden fünf Orte und drei Höfe samt den landwirtschaftlich genutzten Flächen von der Liste der zu räumenden Orte gestrichen. Durch das vorgelegte Ende der Braunkohleverstromung auf 2030 verbleiben 260 000 Tonnen Braunkohle mehr im Boden. Als ganz altes Mitglied der Grünen bin ich mit dem Ergebnis der Verhandlungen mit RWE zufrieden. Den vom »Lützi-Trauma« Besessenen empfehle ich, mit den fünf Orten und drei Höfen die Rettung zu feiern. Jörg Westerhoff, Augsburg
Nur Oppositionsparteien am politischen Rand können die reine Lehre ihrer Grundüberzeugung schadlos uneingeschränkt nach außen vertreten. Sobald eine Partei in der Politik Handlungsverantwortung übernimmt, verschieben sich die Prioritäten: Ohne Kompromisse mit ungeplanten Anforderungen des Zeitgeschehens geht es nicht. Eine Mit-dem-Kopf-durch-die- Wand-Mentalität, die ausschließlich auf dem direkten Weg und ohne Kompromisse das Ziel ansteuern will, ist zum Scheitern verurteilt. So gesehen können die inneren Konflikte nachvollziehbar werden, die die Grünen derzeit aushalten müssen – und die sie nachvollziehbar verantwortlich bewältigen, ohne ihre grundsätzlichen Ziele aus den Augen zu verlieren. Tilmann Wolf, Scheidegg