Sind Männerbünde von Homoerotik geprägt?
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Ulrike Brunotte
Zwischen Eros und Krieg
Wagenbach. 172 Seiten. 20,50 EUR
Zur uralten Tradition des Patriarchats gehören Männerbünde. Ganz gleich ob wir uns im christlichen, islamischen oder im fernöstlichen Kulturkreis von Hindus und Buddhisten bewegen. Die Autorin der wissenschaftlichen Studie, eine Religions- und Kulturwissenschaftlerin an der Humboldtuniversität Berlin, beleuchtet Männerbundmodelle in der Zeit ab 1900, die sich im Deutschen Reich in Form der Wandervogelbewegung etablierten. Der Übergang vom Wandern zum Marschieren wird am Beispiel der Jugendbewegung dieser Zeit, aber auch in den literarischen Entwürfen, etwa eines Walter Flex mit seinem Werk »Wanderer zwischen zwei Welten« oder Rainer Maria Rilkes »Cornet« beleuchtet. Im Zentrum des Buches steht das Werk des Psychologen Hans Bühler (1888-1955). Mit seiner These, »dass alle mann-männlichen Verhältnisse libidinös grundiert seien, dass überall dort, wo Männer miteinander verkehrten, Erotik ihre Beziehungen bestimme«, besetzte er ein skandalträchtiges Thema. Bühler erweist sich als ein Grenzgänger zwischen dem entmystifizierenden Wissen der Psychoanalyse und dem erzkonservativen Lager und seiner Suche nach antirationalen Gemeinschaftsformen, zu dem er wechselte. Die Autorin zeigt, dass Bühlers Antifeminismus, der Gegenpol zur These von der Homoerotik als Kern der Männerbünde, vom Autor zunehmend durch einen wuchtigen Antisemitismus ersetzt wurde. Bestand habe jedoch das Bühlersche Frühwerk, das auch von Sigmund Freud und Thomas Mann positiv aufgenommen wurde. Ihm misst die Autorin die »Dimension seismographischer Zeitdiagnose« zu. Leider fehlt der Studie genau dieser Zeitbezug.