Zur mobilen Webseite zurückkehren
Dieser Artikel stammt aus
Publik-Forum, Heft 6/2022
Der Inhalt:
Religion & Kirchen

Literatur
Ein verdrängter Krieg als äthiopischer Heldinnengesang

von Gunhild Seyfert vom 25.03.2022
Artikel vorlesen lassen
Maaza Mengiste: Der Schattenkönig.Übersetzt von Brigitte Jakobeit undPatricia Klobusiczky. dtv. 576 Seiten. 25 € (Foto: istockphoto/clu)
Maaza Mengiste: Der Schattenkönig.Übersetzt von Brigitte Jakobeit undPatricia Klobusiczky. dtv. 576 Seiten. 25 € (Foto: istockphoto/clu)

Roman. Frauen, die im wirklichen Leben nur Nebenrollen hatten, rückt die Schriftstellerin Maaza Mengiste in ihrem Roman »Der Schattenkönig« in das Zentrum des Geschehens. Er spielt in Ostafrika in den Jahren 1935/36, als das faschistische Italien das damalige Königreich Abessinien, heute Äthiopien, in einem brutalen Kolonialkrieg angriff. Da ist Hirut, die als Waisenkind von einem äthiopischen Offizier aufgenommen wird und als Magd und Zielscheibe sexualisierter Gewalt dienen muss. Da ist die rundliche Frau, die nur »die Köchin« heißt, weil sie sich weigert, ihren wahren Namen zu nennen, seitdem sie verschleppt und als Sklavin verkauft wurde.

Dieser Artikel stammt aus Publik-Forum 06/2022 vom 25.03.2022, Seite 55
Pazifismus unter Beschuss
Pazifismus unter Beschuss
Frieden schaffen – mit Waffen?

Die Schriftstellerin Maaza Mengiste ist 1971 in Äthiopien geboren, heute lebt sie in den USA. In ihrem Roman verklärt sie keinesfalls den äthiopischen Widerstand, sondern schreibt sowohl über die Grausamkeiten der italienischen Faschisten als auch über die patriarchale Gewalt in der äthiopischen Gesellschaft, auch in den Partisanengruppen. Diese kämpfen mit alten Gewehren gegen Panzer und Flugzeuge, die Giftgas versprühen, vor allem aber mit Mut, Schlauheit und Leidensfähigkeit. Der »Schattenkönig« taucht erst in der Mitte des Romans auf, als der Widerstand der Äthiopier darniederliegt. Kaiser Haile Selassie hat sich bereits ins englische Exil geflüchtet, als Hirut auffällt, dass ein Musiker dem verschwundenen Kaiser ähnelt. Man kleidet ihn ein, setzt ihn auf ein Pferd und schafft so ein Double. Der Schattenkönig stärkt die Kraft zum Widerstand.

Mengiste entwirft ein Panorama mit verschiedenen Perspektiven und Charakteren, die sie auch mit ihren Widersprüchen zeigt. Ihre Sprache ist fein und nuancenreich, kreativ und kraftvoll, manchmal etwas pathetisch. Die knapp 600 Seiten starke legendarische Ausarbeitung des hierzulande kaum bekannten Krieges ist fesselnd.

4 Wochen freier Zugang zu allen PF+ Artikeln inklusive E-Paper
Kommentare und Leserbriefe
Ihr Kommentar
Noch 1000 Zeichen
Wenn Sie auf "Absenden" klicken, wird Ihr Kommentar ohne weitere Bestätigung an Publik-Forum.de verschickt. Sie erhalten per E-Mail nochmals eine Bestätigung. Der Kommentar wird veröffentlicht, sobald die Redaktion ihn freigeschaltet hat. Auch hierzu erhalten Sie ein E-Mail. Siehe dazu auch Datenschutzerklärung.

Mit Absenden des Kommentars stimmen Sie der Verarbeitung Ihrer Daten zur Bearbeitung des Kommentars zu. Zum Text Ihres Kommentars wird auch Ihr Name gespeichert und veröffentlicht. Die E-Mail-Adresse wird für die Bestätigung der Bearbeitung genutzt. Dieser Einwilligung können Sie jederzeit widersprechen. Senden Sie dazu eine E-Mail an [email protected].

Jeder Artikel kann vom Tag seiner Veröffentlichung an zwei Wochen lang kommentiert werden. Publik-Forum.de behält sich vor, beleidigende, rassistische oder aus anderen Gründen inakzeptabele Beiträge nicht zu publizieren. Siehe dazu auch Netiquette.
Publik-Forum
Publik-Forum
Einen Moment bitte...
0:000:00
1.0