Leserbrief
Die Not des Kindes
Zu: »Raus aus dem Strafrecht« (8/2024, Seite 11)
Vor 50 Jahren habe ich meine Zulassungsarbeit zum Paragrafen 218 geschrieben. Und nun wird noch immer über dieses Thema diskutiert. Mein Vorschlag: Wer gegen Abtreibung ist, sollte sich verpflichten, betroffene Frauen finanziell und auch im Alltag zu unterstützen. Christa Bathelt, publik-forum.de
In Frankreich ist die Abtreibung seit Jahren »raus aus dem Strafrecht«. Seit Kurzem ist die »Freiheit zur Abtreibung« sogar als Bestandteil der Freiheitsrechte explizit in der französischen Verfassung verankert! All dies hat nichts daran geändert – oder sogar dazu geführt –, dass immer mehr Ärzte und Ärztinnen aus Gewissensgründen keine Abtreibungen vornehmen wollen. Das hat lokale »Abtreibungsunterversorgung« zur Folge und zunehmendes Desinteresse, Gynäkologe oder Gynäkologin zu werden. Für viele Feministinnen hier in Frankreich ist dies ein Skandal, und so schlagen sie vor, diese Gewissensfreiheit des medizinischen Personals zugunsten ihrer Freiheit zur Selbstbestimmung abzuschaffen.
E. Günter Schumacher, F-Chantraine
Publik-Forum EDITION
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Wege zu einer Wirtschaft, die nicht zerstört.»Hinter diesem Buch steckt mein Traum von einer Wirtschaft, die ohne Zerstörung auskommt. / mehr
Ich bin einigermaßen verwirrt. Einerseits schreibt Barbara Tambour wiederholt, dass mit einer Abtreibung ein Mensch getötet wird, andererseits aber geht sie nur auf die Not der Schwangeren ein. Die Not des zu tötenden Menschen spielt augenscheinlich keine Rolle. Leider erklärt sie nicht, warum die Tötung eines Menschen nicht strafrechtlich betrachtet werden soll, nur weil der Mensch ein bestimmtes Alter noch nicht erreicht hat. Die Autorin erklärt auch nicht, inwiefern die Not der Schwangeren durch die Tötung gelöst wird. Mir sind zahlreiche Berichte bekannt, dass die Not der Frauen mit der Tötung ihres Kindes erst richtig groß wurde. Ich stimme zu, dass die bisherige Regelung nicht sachgerecht ist. Eine Neuregelung ist vonnöten. Aber auch die Freistellung von der Strafbarkeit einer Tötung übergeht die Verantwortung der Männer – eine meines Erachtens unzulässige Entmündigung. Eine Lösung beider Notlagen, die der Schwangeren und die des ungeborenen Menschen, wäre erstrebenswert. Bernd Schnackig, Erlangen
Wenn man in die ganze Debatte um den Abtreibungsparagrafen einmal den Fakt einfließen lässt, dass Kindererziehung – so sie wirklich ernst genommen wird – im Grunde ein Fulltimejob ist, der kaum Fehler verzeiht, ist es Frauen, die ungewollt schwanger werden, doch sehr hoch anzurechnen, wenn sie so viel Verantwortung zeigen, sich gegen ein Kind zu entscheiden, wenn dies schlicht nicht einzurichten ist und/oder es am nötigen Wohnraum fehlt. Für sehr wichtig erachte ich deshalb immer ein gutes Beratungsgespräch, auf jeden Fall aber keine gesetzlichen und moralischen Hürden für Frauen, die verantwortungsvoll handeln. Ullrich Herzau, Berlin