Ausstellung
Polens stille Rebellen und fromme Träumer
Ausstellung. Von der Landkarte war Polen verschwunden, aufgeteilt unter den Großmächten Russland, Preußen und Österreich. Doch die polnische Identität lebte weiter in den Köpfen, in der Sprache, im Katholizismus, der unter den Besatzern zeitweise verboten war. Und in der Kunst. Die Ausstellung »Stille Rebellen. Polnischer Symbolismus um 1900« in der Kunsthalle München zeigt bis zum 7. August polnische Kunst zwischen 1890 und 1918 – bisher ein blinder Fleck in der westlichen Wahrnehmung. 130 der bedeutendsten Gemälde Polens sind erstmals zusammen in Deutschland zu sehen, für viele ist es ihre erste Auslandsreise.
Im Mittelpunkt steht eine junge Künstlergeneration, die in der Bewegung »Junges Polen« zusammenfand. Sie besannen sich auf die Tradition der Romantik: den rebellischen Geist, den Künstler als Propheten, der in übersinnliche Sphären vordringt, auf die Veranschaulichung emotionaler Zustände. Sie definierten sich über Mythen und Legenden, suchten aber auch mit dörflichen Szenen und Landschaften eine fast rebellische Selbstvergewisserung: So kompensierten sie den Verlust des Staates. Die vielen Frühlingsbilder, die in der Ausstellung zu sehen sind, stehen für Neubeginn. Man sieht Blumen, spielende Kinder, ekstatische Frauen. In Jacek Malczewskis »Frühling« (1898) steigt ein Frauenkörper aus einer Landschaft empor: Polonia, Allegorie einer erblühenden Nation nach dem Winter der Besatzung.
Es ist eine stille Rebellion, die auf Leinwänden stattgefunden hat. Eine andere war auch gar nicht möglich angesichts der zuvor niedergeschlagenen Aufstände. Die »Stillen Rebellen« haben auch eine traurige Aktualität. Denn wie jetzt der Ukraine sprach Russland auch dem besetzten Polen eine eigene kulturelle Identität ab.
Einerseits ist es peinlich, dass deutsche Museen sich bisher für polnischen Symbolismus nicht interessiert haben. Andererseits ein Glück, etwas Neues entdecken zu können.