Leserbrief
Documenta
Zu: »Gut gemeint, unsensibel gemacht« (10/22, Seite 50-51)
Wird die »Antisemitismuskeule« vorschnell geschwungen, dann lachen sich tatsächliche Antisemiten nur ins Fäustchen und Ressentiments im Hinblick auf angebliche Sonderrechte jüdischer Menschen erhalten Nährboden. Übertriebene Rücksichtnahme im Sinne des Philosemitismus kann eine raffinierte Form von Antisemitismus sein. Man denke an gelegentlich fast religiöse Verehrung und Kritiklosigkeit gegenüber allem Jüdischen durch Christen, in Deutschland getriggert durch den Holocaust. Gelegentlich werden Opfer- und Schuldgefühle noch auf nachfolgende Generationen beider Seiten übertragen, menschlich verständlich, aber meist wenig hilfreich bei anliegenden aktuellen Problemen. Menschen- und Völkerrechtsverletzungen durch Israel dürfen thematisiert werden, wie bei jedem anderen Staat. Repräsentanten der Juden sind gut beraten, nicht sogleich das »Haar in der Suppe« zu suchen, sondern Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit zu respektieren, selbst wenn die eigene Sichtweise eine andere ist. Rudolf Grzegorek, Görlitz