Filmtipp
Porträt eines Eigenbrötlers
Kino. Im Lauf der Jahre hat sich der Schulbusfahrer Tony selbst davon überzeugt, dass er keinen Menschen braucht. Nach einem Herzanfall jedoch will er erstmals Kontakt zu seiner Tochter aufnehmen, deren Mutter er vor 20 Jahren verlassen hatte. Marie ist Rumba-Tanzlehrerin, und weil es ihm schwerfällt, sich zu offenbaren, will er zunächst inkognito Kurse bei ihr nehmen. Doch Marie ist anspruchsvoll, und um zu ihrem Kurs zugelassen zu werden, kontaktiert Tony seine Nachbarin Fanny, von der er fälschlich annimmt, dass sie Rumba tanzen kann, um mit ihr zu üben. Marie aber weiß nicht recht, was sie von diesem schüchternen Mann in Jeans, Lederjacke und Cowboystiefeln halten soll, der so beharrlich wie ungeschickt versucht, mit ihr ins Gespräch zu kommen. Und dazu dieser peinliche Schnurrbart! Der Filmtitel täuscht einen platten »Feelgood-Film« vor. Doch die Handlung kommt mit ihrem Porträt eines Eigenbrötlers, der seinen ganzen Mut aufbietet, um über seinen Schatten zu springen beziehungsweise zu tanzen – auch für andere Männer eine Horrorvorstellung –, mehr melancholisch als lustig daher. Der Humor des Films ist zu diskret, um den steifhüftigen Tony zum Witzobjekt zu machen. Das Amüsement entwickelt sich stets unerwartet, etwa bei Tonys Arzt, gespielt von Romancier Michel Houellebecq, der Tony in heiterer Unverblümtheit den Kopf zurechtrückt. Tatsächlich könnte sich Tonys Mission als lebensrettend erweisen: eine wunderbar leichtfüßige Tragikomödie über schwere Themen, voller Menschlichkeit und handfester Alltagsphilosophie.
? Die Rumba-Therapie (Frankreich 2022),
Film von Franck Dubosc, 103 Min. Ab 6 J.