Buchtipp
Die Schönheit des Eishockeys und der Junge aus dem Volk der Ojibwe
Roman. Saul Indian Horse ist ein Junge mit biblischem Vor- und dem indigenen Familiennamen seines Urgroßvaters, Schamane und Fallensteller aus dem Volk der Ojibwe.
Saul lebt mit seiner Großmutter zurückgezogen in den Wäldern von Oregon in Kanada: Nach ihrem Tod gerät er Anfang der 1960er-Jahre in das Räderwerk der Residential Schools, katholische Umerziehungsanstalten, in denen indigenen Kindern das Erbe ihrer Vorfahren ausgetrieben werden soll. Der entwurzelte Junge zieht sich in sich selbst zurück – bis er seine Liebe zum Eishockey entdeckt, das er sich heimlich mit gefrorenen Pferdeäpfeln beibringt. Sein außerordentliches Talent bringt ihn bis ins Team der Nationalliga. Bereits mit 18 Jahren ist seine Karriere wieder vorbei. Die Anfeindungen von Zuschauern und Teamkollegen, die keinen Indigenen in ihrem weißen Spiel dulden, zermürben ihn und entfachen seine glimmende Wut. »Wenn ich jemanden rammte, war es nicht bloß ein Bodycheck; ich war auf dem Kriegspfad. Wenn ich allein aufs gegnerische Tor zuraste, sodass die Zuschauer aufsprangen, war es ein Überfall. Wenn ich bei einem Gerangel an der Bande versehentlich den Stock zu hoch hatte, jagte ich Skalps. Wenn ich auf eine Zeitstrafe nicht reagierte, war ich der stoische Indianer.« Saul verliert seinen gefrorenen Himmel, die Eisfläche, und er verliert sich. Erst als er Jahre später aufhört, vor dem Schmerz wegzulaufen, der ihm zugefügt wurde, lernt er, in Frieden mit sich zu leben.
Richard Wagamese, einer der bedeutendsten Schriftsteller Kanadas, ist ein begnadeter Erzähler, der mit einem schnörkellosen Stil die Leserin in den Bann zieht. Die Beschreibungen der Wettererfahrungen spürt man auf der Haut, und die Szenen, in denen Saul im Hockeyspiel die trostlose Wirklichkeit vergisst und sich nur noch der Geräusche und Bewegungen des Spiels bewusst ist, wecken Ehrfurcht – vor dem Zauber des Spiels und dem Willen zu leben.
256 Seiten. 22 Euro