Zorn über Woelkis PR-Strategie
Im Erzbistum Köln hat sich eine große Zahl an pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Kardinal Rainer Maria Woelki distanziert. Mit dem Bekanntwerden der PR-Strategien rund um das Missbrauchsgutachten habe Kardinal Woelki »sein letztes Vertrauen verbraucht«, heißt es in einem Aufruf.
Vorangegangen war dem Aufruf eine Veröffentlichung des Kölner Stadtanzeigers, der aus einem Strategiepapier einer PR-Agentur zitierte. Die Agentur hatte Woelki beraten, wie er »überleben« und die Nichtveröffentlichung des Missbrauchsgutachtens der Münchener Kanzlei Westpfahl/Spilker/Wastl der Öffentlichkeit verkaufen könne. Neben dem Versuch, den FAZ-Redakteur Daniel Deckers für positive Presse zu gewinnen, empfahl das Strategiepapier, ein positives Votum des Betroffenenbeirates für einen Gutachterwechsel einzuholen – nebst konkreten Vorschlägen, wie die Sitzung mit dem Betroffenenbeirat zu gestalten sei, damit dessen Votum wie gewünscht ausfalle.
Zurückgetretene Mitglieder aus dem Betroffenenbeirat, die schon damals Woelki vorwarfen, er instrumentalisiere sie, sehen sich mit der Veröffentlichung bestätigt. Diesem Vorwurf schließen sich nun auch die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner des Aufrufes an. »Die Bistumsleitung hat in erster Linie ihren eigenen Machterhalt im Blick. Dieses Agieren ist zynisch und traumatisiert die Betroffenen immer wieder neu«, erklärte Publik-Forum-Kolumnist und Pastoralreferent Peter Otten. Auch Priester haben sich dem Aufruf angeschlossen; einer von ihnen, Klaus Thranberend, sagt: »Ich komme an meine Grenze, was mein Gehorsamsgelübde dem Bischof gegenüber angeht, und frage mich, wozu ich die Treue versprochen habe.« Die Unterzeichnenden fordern einen »wirklichen Neuanfang« mit »personellen und systemischen Änderungen«.
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Für weitere Unruhe im Erzbistum sorgt zudem die Nachricht, dass Woelki gegen den Kirchenrechtler Thomas Schüller und die Bild-Zeitung eine einstweilige Verfügung erreichen will, weil die ihm Pflichtversäumnisse im Fall Winfried Pilz vorgeworfen haben. Missbrauchsvorwürfe gegen den ehemaligen Chef der Sternsinger waren dem Erzbistum erstmals 2014 – damals noch unter Woelkis Vorgänger Joachim Meisner – bekannt geworden.
Nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa behauptet Kardinal Woelki in seiner eidesstattlichen Versicherung, er sei bis Juni 2022 nie mit dem Fall Pilz befasst gewesen. Mehrere Medien zitieren Kircheninsider, die das für wenig glaubwürdig halten. Immerhin ist Pilz, wenn auch anonymisiert, im Gutachten des Strafrechtlers Björn Gercke erwähnt. Außerdem hat Woelki erklärt, dass er sich alle Verdachtsfälle im Erzbistum nach seinem Amtsantritt 2014 noch einmal habe vorlegen lassen.