Warum gewinnen die Religionen wieder an Bedeutung? Warum müssen sie ihre Wahrheitsansprüche aufgeben? Und was ist der »eigene Gott«? Fragen an den Soziologen Ulrich Beck
Publik-Forum: Herr Professor Beck, ein Blick auf den aktuellen Buchmarkt zeigt ein geradezu überwältigendes Angebot von Veröffentlichungen mit religiöser Thematik. Zu den Autoren gehören neuerdings auch Biologen, Physiker und Soziologen. Welche Ursachen sehen Sie dafür?
Ulrich Beck: Bisher gingen wir sehr simpel davon aus, dass mehr Moderne auch weniger Religion bedeutet. Jetzt stellen wir fest, dass das Phänomen sehr viel komplexer ist. Religion ist ein Phänomen, das nicht mit der Modernisierung langsam abstirbt, sondern eine neue Bedeutung gewinnt. Meine These ist, dass wir einen Übergang von Religion zur Religiosität erleben, also von der im Glaubenskanon institutionalisierten Religion zu einer stärker subjektiven Religiosität. Das würde