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Dieser Artikel stammt aus
Publik-Forum, Heft 19/2019
Der Inhalt:

Die Zerrissenheit eines Kindes

von Birgit Roschy vom 04.10.2019
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Kino. 1943: Der elfjährige Siggi wird von seinem Vater, Polizist in einem Dorf am Meer, dazu angehalten, seinen Patenonkel, den Maler Nansen, auszuspitzeln. So will der Vater, der unbarmherzig der Maxime »Ich tue nur meine Pflicht« folgt, das gegen Nansen verhängte Malverbot wegen »entarteter Kunst« überwachen. Doch Siggi wird auch von Nansen um Hilfe gebeten und versteckt dessen Gemälde. Seine innere Zerrissenheit wird noch gesteigert, als der Vater den desertierten älteren Sohn an die NS-Behörden ausliefert. Nach dem Krieg ist Siggi weiter in dem Wahn gefangen, Nansens Werke retten zu müssen, und wird zum Dieb. Nur durch Erinnern und Aufschreiben kann er sein Trauma überwinden. Vergangenheitsbewältigung im Kleinen: Siegfried Lenz’ Roman »Deutschstunde«, ein moderner Klassiker, erzählt aus der Perspektive eines Kindes vom Widerstreit zwischen unmenschlicher Pflichterfüllung und individueller Verantwortung. In dieser ersten Kinofassung wird der epische Stoff notwendigerweise verdichtet; verändert wurde die Figur des Malers, ist Lenz’ Vorbild Emil Nolde doch inzwischen als Antisemit und NS-Parteigänger entlarvt. Erzählt ist das ohne plakative Nazisymbolik; vieles wird nur angedeutet und lässt sich aus assoziativen Details erschließen. So wird die Geschichte zur zeitlosen Parabel. Grandios sind atmosphärische Panoramen von Watt und Meer – wie Spiegel der Seele, die dem Drama Intensität verleihen.

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