Roman
Bitterböses Sittengemälde der Politik
Roman. Kurt Siebenstädter ist Radiomoderator, Hauptstadtjournalist und mit allen Wassern gewaschen. Politiker aller Parteien fürchten seine provokanten Fragen, drängen aber dennoch begierig in seine bekannte Sendung. Doch am 9. November im Corona-Herbst 2020 wird plötzlich klar, dass sein unverfroren aufdeckender Journalismus nicht mehr gefragt ist und Siebenstädter beim Sender auf der Abschussliste steht. Während der 51-Jährige noch eben eine Affäre mit einer linken Nachwuchspolitikerin anzuleiern versucht, um sich darüber hinwegzutrösten, erreicht ihn am selben Abend das offen unsittliche Angebot, die Seiten zu wechseln und Pressesprecher der liberalen Partei zu werden. Spätestens hier gerät die Leserin in den Sog eines atemberaubenden Plots, der zugleich zur sarkastischen Politsatire wird. Mit seinem neuen Roman »Der Sandkasten« folgt Christoph Peters dabei ausdrücklich dem Muster von Wolfgang Koeppens »Das Treibhaus«, das 1953 einen Tag in Bonn beschrieb und die entlarvte Adenauerrepublik zum Kochen brachte. Obwohl Peters betont, dass reale Politiker und Orte nur »als Anregung für die Imagination des Autors gedient« hätten, kann man den »Sandkasten« durchaus als Schlüsselroman lesen und sich über die süffisante Karikatur führender FDP- und SPD-Politiker amüsieren. Ein bitterböses Sittengemälde der politischen Kultur in der deutschen Hauptstadt – und ein Roman, den man mit angehaltenem Atem bis zur letzten Seite liest.
256 Seiten. 22 €