Ein Klima der Angst bei Lidl
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Im Lebensmittelhandel tobt ein harter Preiskampf um Marktanteile. Am stärksten wuchs im vergangenen Jahr die in Neckarsulm ansässige Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland, Handelshof). Dieses Wachstum hat jedoch seine Schattenseiten. Gewerkschaften und Beschäftigte kritisieren ein Klima der Angst in diesen Unternehmen, das von den Verkaufsleitern geschürt werde. Ein Standardspruch: »Es gibt über vier Millionen Arbeitslose, wollen Sie dazugehören?« Dieter Schwarz, der Gründer von Lidl, gibt zwar jährlich über fünf Millionen Euro für gemeinnützige Zwecke aus, doch gegenüber seinem Personal ist er weniger sozial. Systematisch wird Stammpersonal durch billige Arbeitskräfte ersetzt. Vor allem Teilzeitkräfte und Mini-Jobber sind erwünscht. Aufhebungsverträge und Eigenkündigungen sind an der Tagesordnung. Wenn die Betroffenen klagen, bekommen sie vor dem Arbeitsgericht zumeist Recht. Fristlose Kündigungen werden in fristgerechte umgewandelt, Abfindungen bezahlt. Im baden-württembergischen Calw ließ der Discounter eine Filiale schließen, weil sich die Belegschaft gegen die herrschenden Arbeitsbedingungen wehrte und streikte. Hier gibt es, wie in weiteren sechs Filialen, einen Betriebsrat. Die Mitarbeiterinnen haben sich in der Gewerkschaft Verdi organisiert. Lidl bestreitet zwar, dass man den Markt schließe, weil dort ein Betriebsrat gewählt wurde. Vielmehr sei die Filiale zu klein, der Umsatz entspreche nicht den Erwartungen. Das mag Reiner Neumeister, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Freudenstadt, nicht glauben. Nach seinen Informationen hat die Filiale in Calw ihren Umsatz steigern können. »Ein Betriebsrat wurde gewählt. Nun versucht man die aufmüpfige Belegschaft loszuwerden. Deshalb die Schließung«, meint der Metaller. Neumeister wehrt sich zusammen mit Verdi, Beschäftigten und Kunden gegen die Schließung des Marktes. In einer Aktion wurden insgesamt 9000 Unterschriften gesammelt, die eine Abordnung aus Beschäftigten und Kunden in Neckarsulm einer Sprecherin der Schwarz-Gruppe ausgehändigt hat. Das Arbeitsgericht Pforzheim untersagte dem Discounter die Schließung der Filiale ohne Abschluss der Verhandlungen über einen Interessenausgleich. Bei Zuwiderhandlungen drohe dem Unternehmen ein Ordnungsgeld in Höhe von 250 000 Euro. Lidl hat dieses Urteil ignoriert und die Filiale zum 30. September geschlossen. Die dreizehn Mitarbeiterinnen sollen in anderen Märkten beschäftigt werden. Die Staatsanwaltschaft Tübingen hat unterdessen Ermittlungen gegen einen Geschäftsführer von Lidl aufgenommen. Der Vorwurf lautet auf »Behinderung des Betriebsrats« nach Paragraf 119 des Betriebsverfassungsgesetzes.