Gegen das »Zweizungensystem«
Der Auftritt des Frankfurter Stadtdekans Johannes zu Eltz bei der coronabedingt verspäteten Jubiläumsveranstaltung von Wir sind Kirche in Ludwigshafen vom 15. bis 17. Oktober zeigte, was sich geändert hat, seit vor 26 Jahren die Initiative erst in Österreich 500 000 Unterschriften für eine Kirchenreform sammelte und dann in Deutschland 1,5 Millionen. Damals habe er sich geärgert über die Forderungen nach Weiheämtern für Frauen, dem Ende des Pflichtzölibats, einer »geschwisterlichen« Kirche, erzählte zu Eltz. Da habe er sich sehr gewandelt. Entsprechender Dank gebühre der Kirchenvolksbewegung für mehr als ein Vierteljahrhundert Hartnäckigkeit.
Was 1995 als spontaner Protest gegen den Wiener Kardinal Hermann Groer begann, dem sexueller Missbrauch vorgeworfen wurde, ist heute selbstverständlich vertreten in den innerkirchlichen Debatten – auch, weil Christian Weisner, der Sprecher der Bewegung, zuverlässig in den Medien präsent ist. In seinem Festvortrag kritisierte der emeritierte Tübinger Theologe Hermann Häring den Sprachgebrauch in der katholischen Kirche: Ihre abstrakte Binnensprache verschleiere Machtverhältnisse; ein »Zweizungensystem« zerstöre den Dialog. Häring schlug vor, in Diskussionen mit Bischöfen öfters zurückzufragen: Was meinen Sie konkret? Können Sie Ihre Aussage auch persönlich begründen?
Doch auch die Sprache der Kirchenreform leide »inzwischen an der steten Wiederholung ihrer Inhalte«, sagte Häring; auch die »Gegenformeln« hätten oft »ihr Feuer verloren« – das »Hamsterrad solcher Signalformeln« drehe sich immer schneller, führe aber »weder zur Mitte noch ins Offene«. Eine Mahnung an die Feiernden.