Leserbrief
Chiles Angst vor Revolte
Zu: »Gute Ideen allein genügen nicht« (18/22, Seite 11)
Matthias Drobinski untersucht das Scheitern des chilenischen Verfassungsentwurfs und erklärt letztlich, die Linke habe die Niederlage selbst verschuldet. Das halte ich für eine oberflächliche und zynische Bewertung, die die realen Machtverhältnisse in Chile nicht berücksichtigt. Die neue Verfassung hätte die Situation der Frauen, der indigenen Bevölkerung, die Bildung der unteren Schichten, kurzum: die bisher deutlich benachteiligten Bevölkerungsgruppen deutlich verbessert und die Privilegien der Mächtigen und Reichen beschnitten. Wie kam es trotz dieses positiven Ansatzes zu der Ablehnung des Konzepts? In Chile sind praktisch alle Medien in der Hand der reichen Rechten und die trommelte seit Wochen gegen diese Veränderung und warnte vor einem kommunistischen Umsturz. Das führte zu Ängsten in weiten Kreisen der Bevölkerung, schließlich hatte man den Schrecken der Pinochet-Diktatur noch in leidvoller Erinnerung und das sollte sich nicht wiederholen. Hans-Joachim Pfeiffer, Lennestadt