Leserbrief
Bürgerprotest sinnvoll
Zu: »›Nicht in meinem Garten!‹« (19/2023, Seite 10)
Es gibt sicher häufig Momente, in denen Menschen das eigene Wohl näher ist als der Nutzen für die Gemeinschaft. Im Fall der Bahntrasse zwischen Hamburg und Hannover ist die Lage aber tatsächlich komplexer. In einem demokratischen Prozess unter Einbeziehung aller Interessengruppen und vieler Bürgerinnen und Bürger wurde eine Streckenführung erarbeitet, die den Bau einer schnellen Trasse mit dem Ausbau der bestehenden Nahverkehrsstrecken kombiniert und damit auch den Menschen vor Ort zugute kommt, Flächen spart, keine Naturschutzgebiete durchschneidet und keine Betriebe gefährdet. Darauf wurde sich mit der Bahn geeinigt. Lange blieb es still, bis die Bahn nun in diesem Jahr eine Neubaustrecke aus dem Hut zog. Alle vorher erarbeiteten und begründeten Argumente waren nicht mehr gültig. Die Bahn konnte bis jetzt nicht schlüssig erklären, warum sie die getroffene Einigung nicht mehr achten will. Die Gegenwehr der Zivilgesellschaft kann ich in diesem Fall nur begrüßen. Dörthe Blanke, Eickeloh
Es hilft durchaus nicht »allen Bahnfahrern«, wenn sie in weniger als einer Stunde von Hannover nach Hamburg und umgekehrt unterwegs sind. 90 Prozent aller Bahnfahrten finden im Nah- und Regionalverkehr statt. Der Großteil der steuerzahlenden Bahnkunden hat eine andere Vorstellung davon, was einen attraktiven Bahnbetrieb ausmacht: Takt vor Tempo, öfter und überall, nicht unbedingt schneller, aber unbedingt pünktlich, zuverlässig und komfortabel, was durch die Raserei auf der Schiene mit Vorrang für den Schnellverkehr eher konterkariert wird. Wenn noch der Güterverkehr eher störend hinzukommt, ist es vorbei mit der Freude am Bahnfahren. »Schneller« ist durchaus nicht ökonomisch oder menschenverträglich. Roland Diehl, Hartheim am Rhein