Sting klingt wieder, wie er aussieht
Pop-Rock. Zum Einstieg könnte man fast glauben, dass Sting doch tatsächlich The Police wiederbelebt hat: Das Schlagzeug immer schön kräftig auf die Eins, der Bass zeichnet eine funky Figur im Hintergrund, bis die Gitarre prägnant durchs Bild schneidet. Doch die legendäre New-Wave-Band bleibt – abgesehen von wenigen Konzertauftritten in den Nullerjahren – seit 1986 beerdigt. Und doch: Ohne allzu offensichtlich an seine stilprägende Band anzuknüpfen, ist Stings neues Album »The Bridge« erstaunlich frisch geraten.
Endlich klingt Sting wieder, wie er immer noch aussieht: Nämlich für seine siebzig Jahre erstaunlich jugendlich. Die zwischenzeitlichen Klangexperimente, Ausflüge ins Kunstlied, Kooperationen mit anderen Größen und was man halt sonst noch so macht als Popstar, der nichts mehr beweisen muss: das hat er für »The Bridge« alles zu den Akten gelegt. Stattdessen hat Sting hier ein Dutzend Pop-Rock-Songs geschrieben und eingespielt, die souverän sein gesamtes Erfolgsspektrum abdecken: Das Stück »The Book Of Numbers« schwingt sich mit der Hilfe von schallernden Bläsern zum ekstatischen Soul auf. Ein gemütlicher Spaziergang an einem milden Spätsommertag führt die »Harmony Road« entlang. Das Titelstück ist ein spartanisch instrumentierter Folksong, der ganz auf Stings immer noch markante Stimme setzt, »If It’s Love« dagegen ein leichtfertig hingetupfter Sommerhit. So geht es fröhlich weiter, bis eine Coverversion von »Sittin’ On The Dock Of The Bay« das Album beschließt. In einem kurzen Youtube-Clip erklärt Sting, dass er den Klassiker des amerikanischen Sängers Otis Redding nicht neu aufgenommen habe, um ihn zu verbessern. Der Song sei schließlich ein Meisterwerk. Aber man habe ihn gebeten, für eine Alzheimer-Spendenaktion das älteste Lied einzuspielen, an das er sich erinnern könne. Wenn auch »The Bridge« keine musikalischen Überraschungen bereithält, dann doch zumindest diese Erkenntnis: Der alte Mann hat immer noch ein sehr gutes Gedächtnis.