Roman
Hinter israelischen Türen rumoren die Enttäuschungen
Roman. Atara ist eine Architektin aus Haifa, fast fünfzig und in zweiter Ehe verheiratet. Sie hat sich auf die Rekonstruktion alter Gebäude spezialisiert. Nach dem Tod ihres Vaters will sie auch seine Geschichte rekonstruieren. Sie macht sich auf die Suche nach dessen erster Ehefrau, die wie ein dunkles Tabu über der Familie schwebt. Rachel heißt die Unbekannte, eine betagte Frau, die einst mit Ataras Vater in der Untergrundmiliz kämpfte und Anschläge auf britische Soldaten in Palästina verübte. Warum ist die anfangs so innige Beziehung der beiden gescheitert? Atara will die alte Frau kennenlernen. Doch als sie sich endlich begegnen, hat das fatale Folgen.
Mit »Schicksal« bleibt die israelische Bestsellerautorin Zeruya Shalev den Themen ihrer früheren Werke treu. Wie schon in »Liebesleben«, »Späte Familie« oder »Schmerz« geht es um die Beziehungen zwischen Ehepartnern, zwischen Eltern und Kindern, zwischen den Generationen. Es geht um die Frage, wie sehr wir unser Leben selbst in der Hand haben und welche Rolle Glauben und Religion dabei spielen. Und es geht – vielleicht dringlicher als je zuvor – um die Geschichte Israels. In Rückblenden durchziehen Rachels Erinnerungen an den Untergrund die Erzählung – und ihre Desillusionierung: »Nicht so hatte sie sich den Staat vorgestellt, der am Ende des Kampfes auf den Leichen ihrer Kameraden und auf den Trümmern ihrer Vision entstehen würde.« Enttäuscht ist auch Atara: über den Wandel ihrer Ehe, die Entfremdung ihrer Kinder, den Verlust ihres Partners. Mitunter wirkt das Buch ein wenig überladen angesichts der vielen Erzählstränge, Zeitsprünge, Sujets. Doch die Lektüre lohnt sich – Zeruya Shalev beweist einmal mehr, dass sie zu den wichtigsten Erzählerinnen unserer Zeit gehört.