Leserbrief
Nicht ranwanzen!
Zu: »›Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler‹« (21/21, Seite 34-35)
Ich halte die rauschhaften Methoden dieser Pfingstgemeinden für eine verkappte Werbestrategie: Sie machen nicht nur süchtig, sondern reduzieren gesamtgesellschaftliche Wirklichkeit auf eine schmale Linie der Selbstbestätigung. Damit kann man auch weiterkommen: in die Isolation. Christoph Müller-Luckwald, Bingen
Der Artikel macht mich betroffen und wühlt meine Vergangenheit wieder auf. Nicht in eine Pfingstkirche, sondern in eine Baptistenkirche wurde ich hineingeboren. Auch hier wurde die Wiedertaufe praktiziert, die Kindertaufe nicht anerkannt. Ich brauchte ein Theologiestudium, um die Theologie dieser Gemeinde zu verstehen. Die Bibel steht dort über den Menschen, zwischen Mensch und Gott. Daraus folgen moralische Anweisungen. Es war ein gewaltiger Akt für mich, die Bibel von oben neben mich zu bekommen, als Begleiterin, als Wort von Menschen, die ihre Erfahrungen mit Gott beschreiben. Zum Glück gelang es mir. Als mein Sohn vor zwanzig Jahren erzählte, dass er schwul ist, konnte ich ihm von Herzen alles Gute für sein Leben wünschen. Die Sehnsucht landeskirchlicher Gemeinden nach Lebendigkeit, Emotionalität, Geborgenheit, nach rockig-poppiger Musik kann ich sehr gut verstehen. Aber bitte lasst die Bibel unsere Begleiterin, nicht unsere Anweiserin sein. Marion Harnisch, Bonn
Umgangssprachlich nennt man das, was die EKD da offensichtlich versucht: ranwanzen. Die Pfingstkirchen werden dankbar registrieren, dass die EKD es offensichtlich nötig hat. Das beruht aber nicht auf Gegenseitigkeit. Gegenüber der vorgestrigen menschenfeindlichen Theologie der Pfingstkirchen sollte die EKD deutlich machen, dass es da keine Spielräume gibt. Die Orientierungshilfe setzt insofern ein ganz klar falsches Signal. Bruno Fischer, Köln