Amoris laetitia haben die deutschen katholischen Bischöfe reagiert. Sie erlauben die Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene – unter bestimmten Bedingungen. Ist das ein Fortschritt? Zwei Meinungen" />
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Die Kirche bewegt sich – nicht

Monate nach Erscheinen des päpstlichen Schreibens Amoris laetitia haben die deutschen katholischen Bischöfe reagiert. Sie erlauben die Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene – unter bestimmten Bedingungen. Ist das ein Fortschritt? Zwei Meinungen
von Markus Dobstadt, Britta Baas vom 02.02.2017
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Die Hostie in Priesterhänden: Nicht jeder Kirchenbesucher fühlt sich ohne Umschweife gemeint, wenn das Wort »Einladung« zum Tisch des Herrn fällt.(Foto: istockphoto/Avalon_Studio)
Die Hostie in Priesterhänden: Nicht jeder Kirchenbesucher fühlt sich ohne Umschweife gemeint, wenn das Wort »Einladung« zum Tisch des Herrn fällt.(Foto: istockphoto/Avalon_Studio)
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Markus Dobstadt: »Die Bischöfe sind über ihren Schatten gesprungen«

»Endlich!«, könnte man seufzen. »Die Kirche bewegt sich doch!« Wenn auch nur millimeterweise, mit aufwendigen Rückversicherungen und Erklärungen. Aber immerhin, sie gibt ein Signal von sich, dass sie die Lebenswelt ihrer Gläubigen überhaupt wahrnimmt. Auf sieben Seiten formuliert das »Wort der deutschen Bischöfe« eine »Einladung zu einer erneuerten Ehe- und Familienpastoral«. Aber man merkt dem Schreiben an, welche Überwindung es die Bischöfe gekostet hat, auf die wiederverheirateten Geschiedenen im Land zuzugehen.

Riesengroß sch

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Hans-J. Stallmeister 25.02.2017:
Beim Lesen der beiden Stellumgnahmen fiel mir der viel gesungene Ruf des hl. Thomas von A. ein: Ecce panis ... (GL/Pb. 781). Dessen zweite Aussage: "factus cibus viatorum" meint doch einfach: Nahrung für die auf dem Weg und nicht nur für solche, die einer längst fragwürdigen Auslegung noch anhängen. (Mit den "canibus"/Hunden konnten damals allenfalls die Ungläubigen gemeint sein.

Bernhard Ferber 14.02.2017, 13:10 Uhr:
Tja, Frau Baas, das unterscheidet uns beide. Sie bleiben katholisch, wohl wissend, dass die katholische Kirche strukturbedingt unfähig ist, sich zu reformieren. Aber sie opfern sich für die angeblich gute Sache, innerhalb der kath. Kirche zu den sog. "Reformorientierten" zu gehören. Vielleicht steht das ja dann auch mal annerkennungsvoll auf Ihrem Grabstein.
Denn das ist eine Hauptwirkungvon Publik-Forum: sie gaukelt den reformlechzenden Katholiken vor, dass es Sinn macht, weiter für die Bekehrung dieser Kirche zu kämpfen und zu beten. Welch hehre, welch naive Aufgabe! Ich hab da was Besseres gefunden. Man muss nicht bis an sein Lebensende darauf warten und dabei immer wieder gefühlsschwanger Publik-Forum lesen, dass die kath. endlich im hier und heute ankommt, endlich von Grund auf sich reformiert. Denn das wird nicht passieren. Denn dann wäre die katholische Kirche eine solche, welche durch Martin Luther Gott sei Dank schon vor 500 Jahren ins Leben gebracht wurde.

Karl-Dieter Müller 11.02.2017:
Zum lobenswert kritischen Artikel von M.Schrom in PF 3/2017 ist Ergänzung zum richtig angesprochenen Thema: konfessionsverbinden-
de Ehe notwendig, denn die Fokussierung auf wiederverheiratete
Geschiedene verdeckt die vielen anderen wichtigen Themen in der
Familien-Pastoral u. die lehramtlichen Sackgassen in sexualethischen
Fragen mit der Kluft zum Leben der Menschen. Für die sehr vielen
konf.verbindenden (!) Paare u. Familien bringt das Wort der Bischöfe
wiederum keinen ökumenischen Fortschritt (wie leider schon AL 247)
in der " noch nicht möglichen vollen Gemeinschaft im Herrenmahl".
Dabei ist die "Zulassung konfessionsverbindender Ehepaare zur Eucha-
ristie...ja längst theologisch geklärt - das bleibt aber offiziell wirkungslos"
(Johanna Rahner, ZEIT v. 2.2.2017). Vielleicht muss man die Bischöfe
noch deutlicher zum Lesen u. zur Rezeption der vielen, auch theologisch
fundierten KonsensPapiere in diesem ökumenischen Sinne ermuntern.
Karl-Dieter Müller, Münster.

Britta Baas 06.02.2017, 15:05 Uhr:
@Hermann Häring, wenn Generationen von Menschen auf die "Klärung von Grundlagenfragen" gewartet hätten, wäre es zu keiner einzigen bürgerlichen Revolution gekommen. Die Revolution selbst klärt die Grundlagenfragen, durch Aktion.
Das heißt für mich in diesem kirchlichen Fall: Auf einen "Nicht-Papier-Papst" (jemanden, der zu unserem Leidwesen nicht auf dem Papier korrigiert, was falsch ist) muss man so reagieren, wie er selbst gestrickt ist. SO (!) setzt man Menschenrechte in dieser Kirche durch. Es gilt, die Chancen zu nutzen, die aus dem - bloßen - Signal der Freiheit kommen. Tun die deutschen Bischöfe nicht. Sie könnten Realität und gleichzeitig rechtssicheres Papier werden lassen, was in diesem Fall nötig ist. Das würde weder die Sakramentalität des Mahls noch die Kircheneinheit verletzten. Vor allem aber: ein Menschenrecht in der Kirche durchsetzen.

Hermann Häring 05.02.2017, 20:45 Uhr:
Liebe Frau Baas, soviel plötzlichen Schaum vor dem Mund finde ich übertrieben, zumal er er gegen die Falschen ausgestoßen wird. Ist denn das päpstliche Schreiben AL, das sein wichtigstes Argument in einer Fußnote versteckt hat, weniger kompliziert? Was mich erstaunt: Weder wer in diesen Tagen kritisiert noch wer so kräftig verteidigt, hat überhaupt die Frage gestellt, ob AL die Schrift hinter sich hat und welcher verquere mittelalterliche Sakramentsbegriff da praktiziert wird. Mahnt doch erst mal in diesen Grundlagenfragen Klarheit an, auch beim Papst, dann bricht das ganze römische Gebäude von alleine zusammen und wir können endlich zur Sache reden, z.B. darüber, dass Luther den Wucherern das Abendmahl verweigert hat.

Magnus Lux 03.02.2017, 17:55 Uhr:
Haben denn die Bischöfe immer noch nicht begriffen, dass sie nach Paulus (2 Kor 1,24) nicht die Herren des Glaubens der Gemeinde sind, sondern die Helfer zur Freude für die, die im Glauben feststehen? Sie meinen immer noch, sie könnten die Menschen gängeln und wären die, die immer das letzte Wort haben und für alle sprechen.
Nein, mündige Christinnen und Christen können selber denken, können selber entscheiden, können selber handeln; denn sie haben ein Gewissen, die Stimme Gottes, die ihnen den richtigen Weg zeigt. Von der Kirchenleitung erwarten die Kirchenbürger und –bürgerinnen Rückendeckung, Ermutigung und Vorangehen. Was die Bischöfe in ihrer Stellungnahme zu amoris laetitia mit viel Tamtam anbieten, sind Selbstverständlichkeiten. Ich verstehe nicht, warum ihnen dafür so viel Lob gezollt wird statt der Aussage: na endlich!
Eine „Zulassung zu den Sakramenten“ kann es nach Erzbischof Schick von Bamberg nicht geben; wir müssen die Gewissensentscheidung annehmen.

Peter Speth 03.02.2017, 17:55 Uhr:
Ich würde sage: Ein Schritt in die richtige
Richtung. Ich habe vor ca. 20 Jahren mit einem Mitbruder über die Praxis der Ostkirche zu diesem Thema gesprochen. Er erklärte mir: Die orthodoxe Kirche kennt das Nicht mehr Bestehen einer gültigen Ehe. Wer dies beantragt, muss sich bei einem Seelsorger anmelden, der ihm aufgibt, alles zu tun, um die bisherige Ehe zu retten.
Ist der dafür ausgebildete Seelsorger der
Meinung, dass diese Ehe nicht mehr zu retten ist, wird das Nicht mehr Bestehen der derzeitigen Ehe festgestellt. Und damit die Zulassung zu den Sakrmenten. Für diese neue Ehe git es jedoch keine kirchliche Trauung mehr. Dieser letzte Akt fehlt noch.

P. Siegfried Modenbach SAC  03.02.2017:
Es bleibt ein schaler Nachgeschmack, wenn in einem Bischofswort zwar zahlreiche gute Absichten festgehalten werden, es aber völlig offen bleibt, was das denn konkret für die pastorale Arbeit vor Ort bedeutet.

Das Dokument ist ingesamt gesehen eher schwach. Denn bei der Frage nach dem Sakramentenzugang (insbesondere der Zulassung zur Eucharistie) von wiederverheirateten Geschiedenen schreiben sich die Bischöfe um Kopf und Kragen. Für Papst Franziskus dagegen ist der entscheidende Punkt: Die kirchliche Lehre (z. B. von der Unauflöslichkeit der Ehe) hält zwar gültige Prinzipien fest, aber die Normen dieser Lehre sagen noch nicht, wie damit in jeder einzelnen möglichen Situation, in die Menschen geraten können, umzugehen ist. Dazu bedarf es der "geistlichen Unterscheidung". Der Papst betont in seinem Schreiben an die argentinischen Bischöfe (September 2016): am Ende kann die Teilnahme an den Sakramenten stehen! Die Kirche hat das dann ihrerseits nicht nochmals zu bewerten! Punkt.

Norbert Scholl 03.02.2017:
Was geschieht mit denen, die beruflich von der Institution Kath. Kirche abhängig sind, den Pastoralreferenten und –referentinnen, den Gemeindeassistenten, den Erzieherinnen, den Ärzten und Pflegern an kirchlichen Krankenhäusern und Altenheimen? Dazu sagen weder AL noch die deutschen Bischöfe etwas. Was soll geschehen, wenn eine Frau oder ein Mann hier einen Geschiedenen oder eine Geschiedene heiraten will? Verlieren sie dann ihre Stelle? Wird dem zuständigen Bischof mehr Spielraum für eine andere Entscheidung gegeben? Und wie würden in diesem Fall Bischof A in „seiner“ Diözese und Bischof B in der Nachbardiözese entscheiden? Welcher Bischof besitzt den Mut, sich auf sein Gewissen zu berufen und einen Betroffenen/eine Betroffene weiter zu beschäftigen? Müssten nicht aufgrund von AL die Bestimmungen der „Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse vom 27.4.2015“ modifiziert werden, so dass Betroffene ggf. im kirchlichen Dienst verbleiben können?

Thomas Kaufhold 03.02.2017:
Ein wichtiger Aspekt für die Akzeptanz solcher Bischofsschreiben ist die Sprache, die dort gewählt wird. Wer kann und will eine solche getragene, würde- und salbungsvolle Sprache verstehen? Um überhaupt noch irgendwelche Gläubigen zu erreichen, ist eine zeitgemäße Sprache notwendig. Die Bischöfe müssen sich auf die Ebene des Kirchenvolkes herabbemühen.

Paul Haverkamp 03.02.2017, 10:40 Uhr:
Die Amtskirchenvertreter leben in einer anachronistischen Welt, denn

• sie wollen es einfach nicht verstehen, dass sie kein Recht haben, bis in die Schlafzimmer von Verheirateten hineinzuregieren

• sie wollen es einfach nicht verstehen, dass die Freiheit und Gewissensentscheidung eines jeden Individuums durch kirchl. Amtspersonen nicht beeinflussbar ist und nie werden darf

• sie wollen es einfach nicht verstehen, dass die Zeit für Bevormundungen und Entmündigungen ihrer „Schafe“ unwiederbringlich und für alle Zeiten vorbei ist

• sie wollen nicht verstehen, dass Kirche den Menschen nichts mehr zu dekretieren bzw. als „Gnadengaben“ großzügig in Gutsherrenart zu vergeben hat

• sie wollen nicht verstehen, dass „Kirche“ nur dann noch eine Chance hat, wenn man den Sanktionsapparat einmottet und die Diakonie zum Prüfstein des eigenen Überlebens favorisiert

Es ist wohl so, wie D. Deckers in der FAZ vom 28.1.2017 in der Überschrift formulierte: „Kirche schafft sich ab“.

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