Der Tod, ein Wunder, oder grenzenlose Qual
Kino. Jochen Klepper zählt zu den bedeutendsten christlichen Autoren des 20. Jahrhunderts. Der studierte Theologe arbeitete als Journalist, war ein bekannter Schriftsteller, und seine Liedtexte sind bis heute in evangelischen und katholischen Gottesdiensten zu hören. Er führte außerdem bis kurz vor seinem Tod ein Tagebuch, das 1957 unter dem Titel »Unter dem Schatten deiner Flügel« veröffentlicht wurde. Seine Aufzeichnungen dienen als Grundlage dieses Filmporträts, das von den letzten Stunden handelt, bevor er am 10. Dezember 1942 mit seiner Familie Suizid beging. Klepper drohte die Zwangsscheidung von seiner jüdischen Frau Johanna. Und nachdem die Ausreisegenehmigung sowohl für sie wie für ihre Tochter abgelehnt wurde, war die Deportation nur eine Frage der Zeit. So sieht Klepper nur drei Möglichkeiten: »den Tod, ein Wunder, oder grenzenlose Qual«. In langen Dialogen und nach einer herzzerreißenden Diskussion mit einem befreundeten Nachbarn entschließen sich die drei – wie damals täglich Dutzende jüdische Familien allein in Berlin – zu diesem letzten Schritt. In der szenischen Inszenierung wird die Bedrohung durch die Außenwelt durch die sich verengenden Wände der Wohnung fühlbar, lösen Stiefelschritte und das Geräusch parkender Autos Panik aus. Auch Kleppers Zweifel werden durch surreale Mittel veranschaulicht, in Form sprechender Fotos und eines Monstergesichtes, das ihn der Feigheit und des Egoismus bezichtigt. Dieser magische Realismus steigert die Intensität seiner Selbsthinterfragung, in der ihm letztlich sein Glaube und die Bibel Antworten geben. Liebe, Zusammenhalt, die Hoffnung auf die Ewigkeit: In Kleppers Worten werden die großen Themen zum Klingen gebracht, in einer wunderbar bildhaften Sprache: »Wir schwimmen durch einen kleinen Teich, sagen Lebewohl, und treffen uns auf der anderen Seite wieder.«