Pro und Contra
Ausländer in die Armee?
Alexander Müller: Ja!
Wie alle Bereiche der deutschen Zivilgesellschaft und Wirtschaft kämpft auch die Bundeswehr mit einem akuten Personalmangel. Und das in einer Zeit, in der uns der unmenschliche russische Angriffskrieg in der Ukraine die Notwendigkeit für starke Verteidigungskräfte und Abschreckung unbarmherzig vor Augen führt.
Es besteht dringender Handlungsbedarf. Eine Wehrpflicht, wie sie viele fordern, kann jedoch nicht die Lösung sein. Nicht nur ist sie mit den aktuellen Strukturen der Bundeswehr unvereinbar und kontraproduktiv, sondern sie ist auch ein tiefer Eingriff in die Freiheitsrechte der Bürger. Eine Alternative wäre – zunächst als Pilotprojekt – die Öffnung des militärischen Dienstes für ausländische Staatsbürger. So wie bei allen Angehörigen der Bundeswehr wäre das Bekenntnis zu den Grundwerten unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung und dem Grundgesetz unerlässlich. Ebenso gute Deutschkenntnisse und ein einwandfreies Führungszeugnis. Ein erleichterter Zugang zur deutschen Staatsbürgerschaft kann als Anreiz dienen.
Die Bundeswehr ist fest eingebunden in Aufträge und Strukturen internationaler Organisationen wie der Uno, der EU oder der Nato. Im Engagement nichtdeutscher Personen liegt in diesem interkulturellen Kontext ohne Frage großes Potenzial. Bei unseren engen Bündnispartnern wie den USA oder Großbritannien ist diese Praxis bereits an der Tagesordnung und beinhaltet ebenfalls, dass die betreffenden Soldaten nach fünf Jahren Dienst in der Truppe die jeweilige Staatsbürgerschaft erlangen.
Ein solches Modell halten wir als FDP auch in Deutschland für eine lohnende und gerechte Regelung – warum sollten wir diejenigen, die unsere Werte teilen und mit uns Seite an Seite dienen und kämpfen, nicht willkommen heißen? Es ist der Augenblick gekommen, an dem wir die Zeitenwende nicht mehr länger nur als Bereitstellung von mehr Geld und Material begreifen dürfen, sondern auch das Personalwesen den Herausforderungen unserer Zeit anpassen müssen. In Deutschland leben mehr als 13 Millionen Ausländer – öffnen wir ihnen einen neuen Weg, an unserer Gesellschaft teilzuhaben und sich für unsere gemeinsamen Werte einzusetzen.
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Henning Otte: Nein!
Ich bin gegen ein generelles »Ja« auf die Frage, ob Ausländer in der Bundeswehr dienen dürfen. Mein »Nein« hat allerdings keineswegs mit einer des Öfteren formulierten Angst zu tun, dass aus der Bundeswehr eine Söldnerarmee werden könnte. Das ist Unsinn. In der Diskussion über die sogenannte Sollstärke unserer Bundeswehr muss vordringlich an anderen Stellschrauben gearbeitet werden. Der Arbeitsmarkt Deutschlands, auch Europas, ist eben nur bedingt vergleichbar mit dem Arbeitgeber Bundeswehr.
Der Beruf eines Soldaten ist nicht wie jeder andere. Soldaten kämpfen unter Einsatz ihres Lebens für die Freiheit und Sicherheit Deutschlands. Sie stehen in einem besonderen Treue- und Loyalitätsverhältnis zum Staat, das notwendig für den Dienst für unser Vaterland ist. Unsere »Staatsbürger in Uniform« sollten daher deutsche Staatsbürger sein. Ausländern sollte dies nur möglich sein als Ausnahme für benötigte Mangelfähigkeiten, so zum Beispiel in den Bereichen Logistik oder Instandsetzungen in der Infrastruktur – auch dies jedoch unverzichtbar verbunden mit dem Willen, die deutsche Staatsbürgerschaft anzustreben.
Der kürzlich übergebene Bericht der Wehrbeauftragten zeigt, dass für unsere Bundeswehr generell noch viel getan werden muss. Unsere Soldaten sind stark gefordert in der Bündnis- und Landesverteidigung, in der Unterstützung der Ukraine, aber eben auch in den Einsätzen und im Heimatbetrieb. Hier ist die Regierung in der Verantwortung, mit Weitsicht und auch mit mehr Geld für unsere Bundeswehr zu handeln. Die notwendige Erhöhung der Personalstärke muss vielmehr über eine Attraktivitätssteigerung erfolgen. Die sollte von der Vollausstattung über die Modernisierung der Infrastruktur sowie der Vereinbarkeit von Familie und Beruf bis hin zu einer höheren Wertschätzung für den geleisteten Dienst reichen.
Alexander Müller ist verteidigungspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion und stellvertretender Vorsitzender des Unterausschusses Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung.
Henning Otte ist CDU-Bundestagsabgeordneter und stellvertretender Vorsitzender des Verteidigungsausschusses sowie Vorsitzender des CDU-Netzwerks Nationale Sicherheit.
Axel Breckerbohm 26.03.2024, 17:03 Uhr:
Ich stimme ganz der Aussage von Herrn Müller zu obwohl ich kein FDP Wähler bin. Zu Herrn Otte: warum soll ein Mensch mit anderer Staatsbürgerschaft, der in Deutschland lebt nicht dasselbe Treue- und Loyalitätsverhältnis zu unserem Land haben wie einer mit dt. Staatsangehörigkeit? Allenfalls Einschränken würde ich bei Herkunft aus einem potentiellen Gegnerland. Ab dem 3. Absatz stimme ich mit Herrn Otte überein, allerdings hat das nichts mit der Frage zutun, ob die Soldaten einen deutschen Pass haben müssen oder nicht.
Georg Lechner 21.03.2024, 19:40 Uhr:
Der von beiden Personen beklagte Personalmangel hat wohl eine tiefere Ursache in der Missachtung der Begrenzung auf die territoriale Landesverteidigung (gemäß Grundgesetz) durch die Regierungen der Jahrtausendwende. Kohl und Rühe haben den völkerrechtswidrigen Krieg gegen Serbien lange vor dem angeblichen Massaker von Racak (bestritten wurde es von Alice Mahon bei ihrer Aussage am 1.3.2006 vor dem Tribunal in Den Haag) gefordert, nämlich bei der NATO - Tagung am 28.5.1998. Umgesetzt wurde der Krieg dann 1999 von der Regierung Schröder.
Ohne eine entsprechende Aufarbeitung dieses alten Unrechts wird sich am Personalmangel nichts ändern.
Die von Herrn Müller richtigerweise geforderte Ermöglichung der Teilhabe an der Gesellschaft sollte allerdings nicht an die Bedingung eines soldatischen Dienstes geknüpft werden.
Wolfgang J. Roeckl 21.03.2024, 12:32 Uhr:
Staatsbürger in Uniform, das Prinzip der inneren Führung sollte weiter gelten. Staatsbürger mit allen Rechten und Pflichten setzt die deutsche Staatsbürgerschaft voraus. Die Gründe, die gegen eine Wehrpflicht angeführt werden, haben schon zu Zeiten, als Wehrpflicht bestand, nicht gegriffen und ich sehe keine Änderung des Grundgesetzes, welche eine andere Bewertung begründete.
Man sollte sich vielmehr Gedanken machen, wie , falls erforderlich, eine Wehrpflicht sinnvoll ausgestaltet werden sollte.
Der Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft andererseits ist weiterhin ein Thema, das ich nicht befriedigend gelöst sehe.