Darf man noch Ski fahren?
Sten Smola: »Ja, nachhaltiges Skifahren ist möglich«
»Natürlich dürfen wir Skifahrer und Snowboarder noch unserer Freizeitaktivität in den Bergen nachgehen. Umweltbewusst und nachhaltig Ski zu fahren ist möglich. Wir haben es zu einem guten Teil selbst in der Hand, unseren CO2-Fußabdruck dabei so gering wie möglich zu halten. Das fängt mit der Anreise zum Skiort an. Auf sie entfallen bis zu achtzig Prozent des CO2-Ausstoßes. Am besten ist es, mit dem Zug oder Bus ins Wintersportgebiet zu reisen, am zweitbesten, möglichst viele Menschen in einem Auto mitzunehmen. Das gilt übrigens auch für Wanderurlaube. Weil die Anreise so viel ausmacht: Lieber länger in den Bergen bleiben, als öfter für ein, zwei Tage hinzufahren.
Umweltbewusst Ski fahren heißt auch, ein defektes Snowboard zu reparieren, statt es wegzuschmeißen, um ein neues zu kaufen, heißt, seltener neue Ausrüstung zu kaufen und bei Bekleidung auf Öko-Siegel wie etwa das blue sign zu achten. Bei solcher Outdoor- und Funktionsbekleidung wird auf möglichst umwelt- und ressourcenschonende Herstellung geachtet.
Ich als semiprofessioneller Snowboarder verzichte aus Gründen der Nachhaltigkeit schon lange auf Heliboarding und -skiing in Alaska, sondern ziehe es vor, die Berge meiner Schweizer Heimat zu Fuß zu erklimmen, mein Board auf dem Rücken. Stunde um Stunde aufzusteigen gibt mir die Zeit, die Natur wahrzunehmen, und ein ganz neues Gefühl von Freiheit.
Der Klimawandel ist eine Realität und in den Alpen besonders stark zu spüren. Wir Skifahrer und Snowboarder können das Unsre tun, ihn nicht noch anzuheizen – ohne auf Spaß zu verzichten.«
Publik-Forum EDITION
»Das Ende des billigen Wohlstands«
Wege zu einer Wirtschaft, die nicht zerstört.»Hinter diesem Buch steckt mein Traum von einer Wirtschaft, die ohne Zerstörung auskommt. / mehr
Martina von Münchhausen: »Nein, es belastet das Ökosystem massiv«
»Der Wintersport ist eine massive Belastung für alpine Ökosysteme. Die Natur trägt längst die Narben der jahrzehntelangen Zersiedelung: Skigebiete mit der nötigen Infrastruktur von Hotels, Parkplätzen, Liftanlagen verbrauchen gigantische Flächen. Für die Pisten werden ganze Bergabschnitte gerodet und planiert, was Lebensräume der heimischen Tiere zerstört. Die Neuerschließung von Skigebieten sollte deshalb tabu sein.
Aber wenn es die Pisten schon gibt? Bleibt dennoch mehr als unsere Fußspur im Schnee zurück. Die Angst des Wintersportlers vor Schneemangel ist nachvollziehbar, die skitouristische Antwort in Form von Schneekanonen überschattet jedoch das »grüne Gewissen«: Bei der künstlichen Beschneiung werden pro Hektar jährlich etwa eine Million Liter Wasser verbraucht, das entspricht etwa dem Verbrauch einer Großstadt wie Hamburg. Das Wasser wird nahen Flüssen oder Speicherseen entnommen mit der Folge, dass der natürliche Wasserhaushalt aus dem Gleichgewicht gerät. Im Zuge des Klimawandels verschärft sich die Lage, immer mehr Skigebiete greifen auf die energiefressende künstliche Beschneiung zurück.
Wirklich umweltfreundliche Ski- und Snowboardferien gibt es also nicht. Aber man kann etwas tun, damit der Winterurlaub nicht zur unlösbaren Gewissensfrage wird: Umweltschonend mit der Bahn anreisen, ein Skigebiet wählen, das auf künstlich präparierte Pisten verzichtet und regenerative Energien nutzt. Während der Abfahrt auf befestigten Pisten oder Loipen bleiben, um keine Wildtiere aufzuschrecken. Damit ist der Fußabdruck der geliebten Winterferien am Berg zumindest reduziert.«
Martina von Münchhausen, geboren 1968, ist Tourismusexpertin der Umweltorganisation WWF Deutschland.