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Dieser Artikel stammt aus
Publik-Forum, Heft 20/2019
Der Inhalt:

Pro und Contra
Die unbewegliche Kirche verlassen?

Der Reformdruck ist hoch, doch in der katholischen Kirche tut sich nichts. Immer mehr Reformerinnen und Reformer fragen sich: Lohnt sich mein Protest innerhalb der Kirche noch? Oder ist es besser auszutreten?
vom 22.10.2019
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Gehen oder nicht gehen? Das ist hier die Frage (Foto: KNA)
Gehen oder nicht gehen? Das ist hier die Frage (Foto: KNA)

Herbert Kohlmaier:

Ja, der Austritt ist die Konsequenz!

Seit zwei Jahrzehnten haben zahlreiche Katholikinnen und Katholiken kirchliche Reformbewegungen gebildet und das großartige Wort »Wir sind Kirche« geprägt. Das darf aber nicht nur Mahnung an die »Obrigkeit« bedeuten, sich dieser Tatsache zu besinnen. Es geht um den Widerspruch gegen die Arroganz eines längst überholten, klerikalen Systems. Bleibt dieser Widerspruch wirkungslos, müssen Konsequenzen folgen.

Dieser Artikel stammt aus Publik-Forum 20/2019 vom 25.10.2019, Seite 8
Sind wir noch zu retten?
Sind wir noch zu retten?
Was in der Klimakrise hoffen lässt

Jene Männer und Frauen, die sich für ihre Glaubensgemeinschaft einsetzen, sollten sich nun ganz bewusst und offen von einem System lossagen, dem sich zu unterstellen unzumutbar ist. Der Wert eines vom Klerikalismus befreiten Christentums kann nur durch eigenverantwortliches Tun und Beispiel bewahrt werden.

Für eine »Anderskirche« in der Kirche bieten sich viele Wege an. Es kann wieder das Brotbrechen gefeiert werden, wie es die junge Christenheit tat. Das würde eine so notwendige Neubesinnung auf die Frohbotschaft bewirken! Wenn es eine Zukunft des christlichen Glaubens gibt, dann liegt sie in Gemeinden, wo sich Männer und Frauen für ein lebendiges und beglückendes Glaubensleben einsetzen.

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Es muss wieder einen authentischen Glauben ohne Klerikalismus geben, der für die Menschen sichtbar wird. Proteste gegen klerikale Sturheit bewirken nichts. Die kirchlichen Reformbewegungen sollten sich das Ignorieren des total überholten Kirchenregimes und die Förderung eines nur vor Gott verantworteten Glaubens zum Ziel setzen. Nur so kann die dringend nötige Wende herbeigeführt werden.

Martina Kreidler-Kos:

Nein, jetzt nicht auseinanderstreben!

Kirche will immer gestaltet sein – und derzeit auch verändert werden. Zumindest in den Herzen vieler, die sich engagieren. Jetzt ist der Auslöser nicht allein die Hoffnung auf Reformen, sondern die Wut und Scham über sexualisierte Gewalt in der Kirche. Da stehen wir nun und wissen kaum weiter. Inmitten dieser Erschütterung braucht es Menschen, die aushalten und klagen, einander ansehen und nicht auseinanderstreben. Menschen, die vorsichtig und voller Fragen an etwas Neues glauben. Im Sommer hat Papst Franziskus einen Brief an »das pilgernde Volk Gottes in Deutschland« geschickt – also an alle, die noch in der Kirche und noch irgendwie in Bewegung sind. Der Plan: Wir überlegen konzentriert und ernsthaft, was derzeit gut ist und was dringend anders werden muss. Man könnte auch sagen, wir beginnen eine katholische Zukunftswerkstatt.

Papst Franziskus schreibt, dass er uns dabei zur Seite stehen will. Die Herausforderungen sollen uns weder beschämen noch lahmlegen. Er klagt nicht: »Seht her, wohin ihr diese Kirche gebracht habt!« Und er seufzt auch nicht: »Da ist ohnehin nicht mehr viel zu retten …« Er vertraut, dass wir es schaffen. Solche Prozesse haben so viel Kraft, wie man ihnen zutraut. Der Heilige Geist zaubert nicht. Aber er verwandelt. Und zwar die, die sich in seinen Dienst stellen. Die, die heute Energie und Leidenschaft für die Sache Jesu haben, sollen sich dafür ins Zeug legen, und zwar gemeinsam. Das wird nicht einfach, und wir werden eine Menge Fantasie brauchen, um beieinander zu bleiben. Ich würde gerne zurückschreiben: »Lieber Papst, das machen wir. Danke schon mal für Deine Zuversicht!«

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Personalaudioinformationstext:   Herbert Kohlmaier, geboren 1934, war Politiker der Österreichischen Volkspartei und zuletzt nationaler Ombudsmann. Er gründete 2009 die »Laieninitiative«, die er bis 2017 leitete.

Martina Kreidler-Kos, geboren 1967, ist Theologin im Bischöflichen Generalvikariat in Osnabrück.
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Die unbewegliche Kirche verlassen?

Der Reformdruck ist hoch, doch in der katholischen Kirche tut sich nichts. Immer mehr Reformerinnen und Reformer fragen sich: Lohnt sich mein Protest innerhalb der Kirche noch? Oder ist es besser auszutreten?
37 x Ja, der Austritt ist die Konsequenz!
92 x Nein, jetzt nicht auseinanderstreben!
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Hermann Pütter 03.11.2019, 11:49 Uhr:
Jesus sagte, er könne den Tempel des Herrn niederreißen und in drei Tagen wieder aufbauen. Heute bedient er sich dafür der Menschen. Den Abriss haben hohe Würdentrager mit Fleiß und Sorgfalt bewerkstelligt. Nun beginnen Trümmerfrauen und ihre Helfer mit einem neuen Fundament. Man sollte das mit den drei Tagen nicht wörtlich nehmen und ungeduldig werden. Außerdem ist ja unsere katholische Kirche nur eine Wallfahrtskapelle von vielen auf dem Weg der Christenheit. Da können wir beim Wiederaufbau einiges übernehmen.

Hans-Wilhelm Ubbelohde 01.11.2019, 15:21 Uhr:
Mich motiviert die ökumenische Gemeinschaft, in der Kirche zu bleiben und Gemeinschaft zu suchen, die immer neu beginnt.
"Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit." 2. Timotheus 1,7

Ludger Harhues 01.11.2019, 10:12 Uhr:
Ich bin der Auffassung, dass Menschen, auch Amtskirche, nicht freiwillig Macht abgeben. Daher ist es meiner Ansicht nach notwendig diese Strukturen von innen zu verändern.

Stephan von Randow 31.10.2019, 16:43 Uhr:
Reformen können wir nur gemeinsam von innen heraus anstoßen und durchsetzen.

Bernhard Ferber 31.10.2019, 13:19 Uhr:
Diese Nibelungentreue vieler Katholiken zu ihrer Kirche ist gruselig.
Diese Kirche ist strukturell reformunfähig.
Muss sie doch befürchten, dass die Menschen bald keinen Unterschied mehr erkennen zu den protestantischen Kirchen. Das werden die vatikanischen Hardliner nie zulassen.

Rudolf Schlüter 29.10.2019, 17:55 Uhr:
Ein Austritt würde die ewig gestrigen nur in ihrer Meinung bestärken. Man muss weitermachen und sich für Reformen einsetzen. Wenn man ausgetreten ist kann man an keinem einzigen Schräubchen mehr drehen. Man ist ja nicht mehr zugehörig.

Gustav Haab 27.10.2019, 21:08 Uhr:
Ich komme gerade von einer kirchlichen Musikveranstaltung. Der Altersdurchschnitt dürfte bei 70 Jahren gelegen haben. Die Anzahl der Besucher steht diametral entgegen der normalen sonntäglichen Gottesdienstbesucher. Damit hat Kirche keine Zukunft. In unserer Gemeinde wurde gerade ein Bittschreiben an den Diözesanbischof geschrieben, in dem ihm die bittere örtliche Gemeindesituation dargelegt wurde. Diese wird sich durch die geplante Struturreform (Grosspfarreien) noch verschärfen. Noch schwanke ich, auszutreten. Ich möchte mir diesen Schritt als letzte Konsequenz offenhalten.

Hanna Leinemann 25.10.2019, 21:35 Uhr:
Je mehr Kirchenmitglieder austreten, desto mehr muß sich das Kirchenregime einfallen lassen, die verbliebenen Mitglieder zu unterstützen und somit immer stärker Bewegung in die Veränderung der Struktur zu bringen. Es ergänzen sich also beide Richtungen, und ich wünsche sehr, daß sie das auch leben, sich treffen und austauschen, die Kirchenausgetretenen wie die verbliebenen Kirchenmitglieder; so können neue Strukturen gemeinschaftlich gelebt werden. Das stärkt alle diejenigen im Kirchenregime, die Veränderung wollen, sich jedoch gegen fundamentalistische Amtsinhaber - noch - nicht durchsetzen können. - Das "pilgernde Volk Gottes" besteht beileibe nicht nur aus Kirchenmitgliedern. -

Waldemar Hirsch 25.10.2019, 19:05 Uhr:
Kirche - wie sie auch immer sein mag - bedeutet Heimat. Ich verkenne nicht die Probleme, die durch das Beharrungsvermögen konservativer Elemente im Amts-Katholizismus entstanden sind und viele Kirchenangehörige belasten. Mit dem Austritt würden sich die Betroffenen von den organisatorischen Zwängen befreien, aber in eine gefährliche Bindungslosigkeit fallen. Und sie fehlen in der innerkirchlichen Auseinandersetzung, in der sie dringend benötigt werden. Von evangelischer Seite hoffen wir im Hinblick auf den Prozess unseres Zusammenfindens in der Ökumene gerade auf diese Kräfte. Wir brauchen einen "langen Atem", der aber hält dann auch länger durch als struktur-konservative Sturheit. Der sich verbreitende kapitalistisch orientierte Materialismus zwingt uns geradezu das Ziel einer einigen christlichen Kirche nicht aus den Augen zu verlieren. Wir sind auf einem guten Weg und sollten den nicht verlassen, sondern beharrlich miteinander weiter verfolgen.

Gabriele Stief 23.10.2019, 08:52 Uhr:
Ja, diese Frage bewegt mich auch! Vielleicht versuchen:
Drinbleiben und zugleich neue Formen, z.B. des Brotbrechens, finden+leben - gemeinschaftlich und unhierarchisch. Und wenn das in der konventionellen Kirche auf Kritik stößt, dann ist es ein Anstoß zur Auseinandersetzung, bei der Kirche von unten zu Wort kommt.

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