Energiewende: Neuer Strom, alte Mächte
Es war eine Überraschung, als die schwarz-gelbe Bundesregierung nach der Katastrophe von Fukushima eine Energiewende verkündete: den Ausstieg aus der Atomkraft und den Umstieg auf erneuerbare Energieträger. Jetzt, eineinhalb Jahre danach, stellt sich heraus, was mit der Energiewende gemeint war: eine Fortsetzung der alten Energiepolitik, nur ohne Atom.
Tröstlich ist, dass der Ausstieg aus der Atomkraft wohl unumkehrbar geworden ist. Doch ansonsten wollen die Verantwortlichen nicht viel verändern. Teure Windkraftkomplexe vor den Küsten und fossile Großkraftwerke sollen den Atomstrom ersetzen – unter der Ägide der großen Energiekonzerne. Der Strom von der Küste wird dann über Tausende Kilometer neuer Netze zu den Verbrauchern transportiert. Am Ende sollen die Verbraucher billigen Strom und die großen Energiekonzerne eine hohe Rendite erhalten. Alles wie gehabt.
Eine echte Energiewende bräuchte andere Prioritäten
Eine echte Energiewende aber müsste ganz andere Prioritäten setzen. Notwendig sind neue Formen der Herstellung von Energie und ein völlig verändertes Bewusstsein der Verbraucher. Wer weiter auf Großkraftwerke setzt, zementiert die Macht der großen Energiekonzerne. Zwar erfordert auch der Umstieg auf die Erneuerbaren bis auf weiteres Kohle- und Gaskraftwerke. Doch gerade die erneuerbaren Energien bieten die Möglichkeit, die Energieversorgung in die Hand der Bürger zu legen. Schon heute produzieren Stadtwerke, Kommunen, Energiegenossenschaften und Hausbesitzer mit Windkraft, Solaranlagen und Blockheizkraftwerken regional einen wachsenden Teil des Stroms – mit geringen Renditen für große Unternehmen, aber hoher Wertschöpfung für die Gemeinden. Würde diese regionale und dezentrale Stromversorgung gefördert, dann wären viele Großinvestitionen in neue Kraftwerke und Netze überflüssig.
Wenn die erneuerbaren Energie wirklich Vorrang haben sollen, erfordert dies zudem viel mehr Investitionen in Speicherkapazitäten für den unregelmäßig anfallenden Strom aus Wind und Sonne. Längst haben deutsche Forscher eine Methode entwickelt, um Strom dann, wenn er anfällt, in Erdgas umzuwandeln. Das künstlich erzeugte Erdgas kann wie herkömmliches Erdgas ins Versorgungsnetz eingespeist und in Gasometern gespeichert werden. Auf diese Weise könnte die Energieversorgung aus Wind und Sonne auch in den Zeiten garantiert werden, in denen der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint.
Wirtschaft und Haushalte denken nicht ans Stromsparen
Fatal ist der Glaube, man bräuchte nur die einen Kraftwerke durch die anderen zu ersetzen und könne dann so viel Energie verbrauchen wie eh und je. Eine echte Energiepolitik erfordert stattdessen ein ressourcenarmes Wirtschaften. Davon kann jedoch im Augenblick nicht die Rede sein. Noch immer können sich Bundesrat und Bundestag nicht auf effektive Programme zur Einsparung von Energie in öffentlichen und privaten Gebäuden einigen. Doch selbst diese reichen nur dann aus, wenn eine Solararchitektur für alle Neubauten vorgeschrieben wird – mit dem Ziel, Strom und Wärme zu hundert Prozent aus erneuerbaren Energien zu gewinnen.
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Ein Umdenken ist auch in Wirtschaft und Privathaushalten gefordert. Alle jammern über teuren Strom, doch weder Unternehmen noch Privatleute sparen das kostbare Gut. Im Gegenteil: In vielen Haushalten wird Strom verschleudert, weil immer neue Geräte immer länger an das Stromnetz angeschlossen werden. Nichts spricht dagegen, energieintensive Unternehmen von Ökosteuern zu entlasten und armen Haushalten Zuschüsse für das Energiesparen zu geben. Letztlich bietet jedoch nur ein hoher Strompreis jenen Anreiz zu einem sparsamen Umgang mit Ressourcen, ohne den die Energiewende scheitern wird.
Die Chancen einer Umstellung
Eine echte Wende hin zu erneuerbaren Energien bietet eine große Chance: nämlich die Energieversorgung in die Hand der Bürger zu geben und das künftige Wirtschaften und Leben auf eine Zeit knapper Ressourcen vorzubereiten. Doch so war die Energiewende der Bundesregierung wohl nie gemeint.
Weitere Informationen:
Mit den Möglichkeiten, die Energiewende im privaten Bereich umzusetzen, hat sich Publik-Forum.de im Rahmen einer Artikelserie befasst.