Pro und Contra
Gott* mit Sternchen schreiben?
Anna-Sophia Kleine:
Ja, denn Gott* hat kein Geschlecht!
Das kleine Sternchen hinter Gott* zwischen den gewohnten Texten und Darstellungen lässt uns beim Lesen aufhorchen. Es irritiert und bietet dadurch einen Impuls, um über das eigene Gottes*bild nachzudenken. Denn Gott* ist keinem Geschlecht oder anderen menschlichen Kategorien zuzuordnen.
Gott* ist eine Öffnung für Vielfalt. Im Gegenteil zu den grammatikalisch zugehörigen männlichen Artikeln und Pronomen wird Gott* durch das Sternchen aus der geschlechtlichen Ebene herausgehoben. So bleibt offen, wie und wer Gott* ist. Alles, was wir Menschen denken, fühlen und ausdrücken können, wäre niemals ausreichend, um Gott* zu beschreiben. Genau das wird durch das kleine Sternchen ausgedrückt. Es ist eine Variante, um ganz einfach daran zu erinnern, wie unbegreiflich Gott* ist.
Auch in der Bibel offenbart sich Gott* vielfältig. Im Alten Testament zeigt sich Gott* noch auf eine eher abstrakte Weise als »Ich bin, der ich bin.« (Exodus 3,14) ganz ohne Kategorien. Im Neuen Testament wird dann durch die Menschwerdung Gottes* in Christus ein trinitarisches, eher männliches Gottes*bild suggeriert.
Das eigene Gottes*bild kann immer nur bruchstückhaft und zeitweise sein. Es ist geprägt durch die eigenen Glaubens- und Lebenserfahrungen. Gott* einseitig, etwa auf ein Geschlecht, festzuschreiben wird Gott* nicht gerecht und ist für viele Menschen in der heutigen Zeit nicht mehr anschlussfähig. Daher ermöglicht die Schreibweise mit Sternchen auch mehr Menschen Zugang zu einer umfassenderen Beziehung zu Gott*. Dank des Sternchens kommen in der letzten Zeit viele Menschen darüber ins Gespräch, wie Gott* für sie individuell in unserer pluralen Welt allgegenwärtig wird.
Margit Eckholt:
Publik-Forum EDITION
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Nein, das engt Gott zu sehr ein!
Das Wort »Gott« steht für Vielfalt, auch ohne Sternchen. Es ist auf der einen Seite das »letzte Wort vor dem Verstummen« (Karl Rahner) und auf der anderen Seite in seiner trinitarischen Liebe dynamische Vielfalt, Komplexität und Lebendigkeit, die als schöpferische Kraft unsere Wirklichkeit durchdringt und aus der heraus wir von Gott zu sprechen lernen. All das ist mit dem Wort Gott in der Geschichte christlichen Glaubens – und weit darüber hinaus – zum Ausdruck gebracht worden.
Engen wir darum nicht diese uns auf unendliche Weise übersteigende Wirklichkeit Gottes ein, wenn wir »Gott*« schreiben? Sicher, die Katholische Studierende Jugend will irritieren und auf die »Geschlechtslosigkeit Gottes« aufmerksam machen. Mit der Gottes-Anrede »Herr« sind in der Geschichte männliche Gottesbilder verbunden worden, diese sind gewiss aufzubrechen.
Dafür braucht es allerdings kein Sternchen. Vielmehr müssen wir das Wort »Gott« in all seiner unergründlichen Tiefe, Weite und freimachenden Lebendigkeit einüben und die Rede von Gott neu kultivieren, auf die vielschichtige Semantik des Begriffs aufmerksam machen: angesichts der bleibenden Transzendenz Gottes auf seine »Unbestimmtheit« auf der einen und auf der anderen Seite auf die Vielfalt der bildlichen, aus der ganzen Wirklichkeit erwachsenden Ausdrucksgestalten unserer Gottesrede, die sich dabei immer wieder neu der Bilderkritik zu stellen hat, wie sie in Deuteronomium 5,8 steht: »Du sollst dir kein Gottesbildnis machen.«
»Gott« stellt uns immer wieder vor unsere ganze Wirklichkeit, das heißt, mit allem, was uns in der Vielfalt unseres Menschseins und unserer Einbindung in die ganze Schöpfung ausmacht, männlich, weiblich, divers, jung, alt, in aller Schönheit der vielen Farben.
Margit Eckholt, geboren 1960, ist Professorin für Dogmatik mit Fundamentaltheologie an der Universität Osnabrück. Sie hat katholische Theologie, Romanistik und Philosophie studiert.
wolfgang eibich 02.11.2020, 08:48 Uhr:
Ich bin jetzt 73 Jahre alt und in Nordhessen in einem ev.luth. Pfarrhaus aufgewachsen. Mein Vorbild im Leben ist Dr. Martin Luther. Wer sich mit ihm beschäftigt kommt wie ich auf Idee, daß es toll wäre wenn so eine kirchl. Person heute wieder auf der Welt wäre. wenn die kath. Kirche endlich mal zu echten Strukturreformen käme, die sexuellen Greueltaten in der Neuzeit sind furchtbar und die Bischofskonferenz findet keine ehrliche Aufarbeitung, es soll für diesen Personenkreis 50.000€/p.Pers. gezahlt werden. Dabei sollten endlich Frauen als Priesterin/Pfarrer zugelassen u. die Beichtstühle aus den Kirchen entfernt werden. Die über 2000jährige Geschichte der kath.Kirche ist mit viel Blut+Ungerechtigkeiten gespickt. Usw u. sofort. lb Grüße v. ev.luth. wolfgang Eibich
Rita Schelden 31.10.2020, 15:07 Uhr:
Die aufgeworfene Frage: ´Gott* mit Sternchen schreiben `ist ein Zeichen für die vielen Fingerhakeleien, mit denen wir Menschen unsere Positionen bestimmen wollen. Jesus selbst hat Gott Vater genannt. Ich
finde die Möglichkeit, Gott so anzusprechen, zutiefst menschlich.
In ihrem Buch "Der Weiberaufstand" erwähnt Christiane Florin einen Ausspruch, der Johannes-Paul I zugeschrieben wird: Mehr als Vater ist Gott Mutter für uns. "Gott" lässt uns alle Möglichkeiten offen, ihn anzusprechen, da ist das Gendersternchen eher Ablenkung und Hindernis. Rita Schelden, Warendorf
Helene Tschacher 27.10.2020, 07:29 Uhr:
ja Gott* mit "*" schreiben. Das sollte dazu führen, zu fragen ob die Bezeichnungen für Gott* wie "Herr", "Vater" oder "König" usw. von den Menschen noch als das verstanden werden, was sie ursprünglich bedeuteten.
Georg Lechner 25.10.2020, 18:06 Uhr:
In Milieus, die noch von einer personalen Gottesvorstellung ausgehen, kann die Schreibweise "Gott*") durchaus als Denkanstoß dienen - wie auch der nachfolgende Kalauer. In Milieus, die sich schon (zumeist in Reibung mit dem gesellschaftlichen Einfluss der Kirchen) von einem solchen Gottesverständnis verabschiedet haben, bringt es höchstens ein müdes Achselzucken.
Der Erzengel Michael erscheint einer Stammtischrunde und sagt, dass einer von ihnen Gott sehen dürfe. Die Anwesenden sind sich schnell einig, dass Franz der Auserwählte sein dürfe, da er noch gelegentlich in die Kirche gehe und daher sich am ehesten dafür eigne. Ihm ist es recht und so entschwinden beide. Als Franz wieder zurückkommt, bestürmen ihn die anderen klarerweise mit Fragen. er ist aber noch ganz von den Socken und bringt nur heraus: "Sie ...ist... schwarz!"
Marian Buchner 25.10.2020, 10:32 Uhr:
Warum nicht noch mehr das Bild das wir haben von "GOTT*" verstören und "Gött*in" schreiben:
Ja das stört und verstört, und vielleicht zer-stört es auch endlich unser rein männliches Bild von Gött*in
Hanna Leinemann 24.10.2020, 15:13 Uhr:
Ich schlage vor, auf "das Gott" umzustellen. - Es gibt in der deutschen Rechtschreibung z. B. "das Mitglied": weder männlich, noch weiblich, noch divers; einfach allumfassend Alle. - Und gleichermaßen sollte mit "der Mensch" umgegangen werden, einfach "das Mensch". Dann hätten wir analog zu z. B. "das Rind mit der Bulle, die Kuh, das Kalb" unter Mensch endlich der Mann, die Frau, das Kind zu verstehen. - Es ginge, ohne auch nur irgendetwas zu verbiegen. -