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Dieser Artikel stammt aus
Publik-Forum, Heft 21/2022
Der Inhalt:

Pro und Contra
Hilft das Bürgergeld den Armen?

Im neuen Jahr kommt das Bürgergeld. Es soll Hartz IV ersetzen und enthält viele Neuerungen für Bezieherinnen und Bezieher von Grundsicherung. Doch sorgt es für mehr Gerechtigkeit? Stimmen Sie hier ab!
vom 01.11.2022
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Aus Hartz IV wird Bürgergeld. Wie denken Sie über die Reformen? (Foto: pa/chromorange/Christian Ohde)
Aus Hartz IV wird Bürgergeld. Wie denken Sie über die Reformen? (Foto: pa/chromorange/Christian Ohde)

Georg Cremer

Ja, es schafft Spielräume!

Das Bürgergeld ist eine ambitionierte Reform der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Künftig haben die Jobcenter weit mehr Spielräume, einen nachzuholenden Schulabschluss oder eine Ausbildung zu fördern. Dies eröffnet den Geförderten Chancen auf eine auskömmliche Arbeit. Es gibt weiterhin Sanktionen, aber die künftigen Vereinbarungen zwischen Jobcenter und Leistungsempfänger werden keine Sanktionsdrohungen mehr enthalten. Das kann die Beziehung zu den Fallmanagern entkrampfen. Die allermeisten Hartz-IV-Empfänger hatten auch bisher schon nichts mit Sanktionen zu tun. In den ersten beiden Jahren des Leistungsbezugs gelten beim Bürgergeld hohe Vermögensfreigrenzen, zudem werden Wohnkosten ohne weitere Prüfung übernommen. Das wird Ängste abbauen, die mit dem Bezug verbunden sind. Allerdings wird man aufpassen müssen, dass das Bürgergeld nicht missbraucht wird, etwa als Brücke in die Rente.

Dieser Artikel stammt aus Publik-Forum 21/2022 vom 04.11.2022, Seite 8
Ungehorsam
Ungehorsam
Muss Klimaprotest radikal sein?

Nein, das Bürgergeld ist nicht die radikale Abkehr von der bisherigen Arbeitsmarktpolitik. Das wäre auch unklug, denn diese war, alles in allem, sehr erfolgreich. Seit 2005 ist die Arbeitslosigkeit in Deutschland halbiert worden. Wie stark die »Agenda 2010« dazu beigetragen hat, ist strittig, ihr aber jeden Beitrag abzusprechen, ist falsch. Auch das Bürgergeld ist eine bedarfsgeprüfte Sozialleistung mit Mitwirkungspflichten und gegebenenfalls auch Sanktionen, die nun strengen Kriterien der Verhältnismäßigkeit entsprechen müssen. Die Bedingungen für hilfeberechtigte Personen werden deutlich verbessert. Kleinreden kann man die Reform nur, wenn man an sie völlig überzogene Erwartungen anlegt (die allerdings von Teilen der SPD und der Grünen auch genährt wurden). Man sollte der Reform eine Chance geben.

Michael David:

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Nein, die Reformen reichen nicht aus!

Hartz IV überwinden und ein ganz neues Leistungssystem schaffen – das ist die Ankündigung aus dem Koalitionsvertrag. Neu im Gesetzentwurf ist eine Karenzzeit für die ersten zwei Jahre. Der Zwang zum Umzug in eine billigere Wohnung entfällt, Vermögen wird erst bei über 60 000 Euro angerechnet. Statt einer Eingliederungsvereinbarung gibt es einen Kooperationsplan. Dieser soll einvernehmlich mit den Leistungsberechtigten erarbeitet werden. Wenn das gelingt, startet eine Vertrauenszeit. Personen, die diplomatisch geschickt mit dem Jobcenter umgehen, werden von Sanktionsandrohungen und Rechtsfolgenbelehrungen verschont. Anders sieht die Situation für die aus, die anecken: weil sie Sprache und Vorgehen der Jobcenter nicht verstehen, persönliche Probleme haben und nicht als zuverlässig gelten. Für sie gilt: Es werden Maßnahmen und Ziele angeordnet, Sanktionen angedroht oder sie werden aufgesucht, betreut und gecoacht, ohne dass sie selbst entscheiden können, welche Unterstützung sie sich wünschen.

Es wäre wichtig, die Unabhängigkeit und fachliche Kompetenz der Sozialarbeit anzuerkennen. Sie kann nicht nach Jobcentervorgaben als Kontrollinstrument funktionieren. Menschen brauchen Anlaufstellen, die sie selbstständig, mit eigenen Anliegen und Bedürfnissen aufsuchen können. Diese Stellen müssen unabhängig und ausreichend finanziert sein. Es ist noch einiges zu tun, bis das Bürgergeld seinen Namen auch verdient. Es reicht nicht, Leistungskürzungen auf 30 Prozent des Regelsatzes zu begrenzen und eine Schonfrist für Jobcenter-Interventionen einzuführen. Es wird Zeit, jedem und jeder das Existenznotwendige zu garantieren, ohne dies mit Sozialkontrolle und Fremdbestimmung zu verbinden.

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Personalaudioinformationstext:   Georg Cremerwar von 2000 bis 2017 Generalsekretär des Deutschen Caritasverbandes. Er lehrt Volkswirtschaftslehre an der Universität Freiburg.

Michael Davidist Referatsleiter Soziales bei der Diakonie Deutschland.
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Hilft das Bürgergeld den Armen?

Im neuen Jahr kommt das Bürgergeld. Es soll Hartz IV ersetzen und enthält viele Neuerungen für Bezieherinnen und Bezieher von Grundsicherung. Doch sorgt es für mehr Gerechtigkeit? Stimmen Sie hier ab!
24 x Ja, es schafft Spielräume
16 x Nein, es reicht nicht aus!
insgesamt abgegebene Stimmen: 40
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Thomas Bartsch Hauschild 02.12.2022:
Das neue Bürgergeld – statt Hartz IV – hilft den Betroffenen nicht, ein finanziell selbstbestimmtes gleichberechtigtes Leben zu führen mit 500 Euro im Monat. Bei zehn Prozent Preissteigerung der Lebenshaltungskosten bleibt am Ende in der größten Not nur die Tafel übrig. Das Bürgergeld ist nur ein Auswechseln des vorherigen Türschildes.

Georg Lechner 02.12.2022:
Ein Grundfehler des Systems bleibt bestehen: Die Menschen werden in prekäre Arbeitsverhältnisse gedrängt, die ihrerseits dazu beitragen, das Angebot an existenzsichernden Arbeitsplätzen zu verringern. Es liegt eine Umverteilung von den Ärmeren zu den Reichen vor, besonders kritisch in Zeiten von steigenden Zinsen, wie sie von den Reichen zur Gewinnmaximierung gefordert wurden und werden.

Georg Lechner 15.11.2022, 08:31 Uhr:
Ein Grundfehler des Systems bleibt bestehen: Die Menschen werden in prekäre Arbeitsverhältnisse gedrängt, die ihrerseits dazu beitragen, das Angebot an existenzsichernden Arbeitsplätzen zu verringern - sowohl in Deutschland als auch durch diese Niedriglohnpolitik in der EU insgesamt. Es liegt eine Umverteilung von den Ärmeren zu den Reichen vor, besonders kritisch in Zeiten von steigenden Zinsen, wie sie von den Reichen zur Gewinnmaximierung gefordert wurden und werden. Leider erweisen sich viele Politiker und Medien diesbezüglich als "Huren für die Reichen" (diese Formulierung ist eine der vielen heftigen aus den bekanntgewordenen Chats von Thomas Schmid, dem ehemaligen Weggefährten von Sebastian Kurz, der mit ihm gebrochen hat, als ihn der dazu drängte, als Sündenbock zu fungieren - siehe auch "Personen und Konflikte" in dieser Ausgabe. Irgendwie hat der Emporkömmling Thomas Schmid instinktiv erkannt, dass er und viele andere nur Werkzeug für die wirklich Mächtigen sind)

Franky 10.11.2022, 13:55 Uhr:
Bürgergeld 502€...ich lache, die SPD,FDP sind Wahlbetrüger...vor der letzten Bundestagswahl wurden 650€ angesetzt...und nun???Wahlbetrug!!!

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