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Dieser Artikel stammt aus
Publik-Forum, Heft 19/2023
Der Inhalt:
Politik & Gesellschaft

Pro und Contra
Sind mehr Kontrollen an den Grenzen sinnvoll?

Mehr Kontrollen an den Grenzen zu Polen und Tschechien, so will die Bundesregierung der steigenden Zahl Geflüchteter begegnen. Ist das geeignet, um die Migration zu begrenzen? Diskutieren Sie mit und stimmen Sie ab bei unserem Pro & Contra!
vom 03.10.2023
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 Einsatz gegen Schleuserbanden: Beamte der Bundespolizei an der deutsch-polnischen Grenze (Foto: PA / DPA / Patrick Pleul)
Einsatz gegen Schleuserbanden: Beamte der Bundespolizei an der deutsch-polnischen Grenze (Foto: PA / DPA / Patrick Pleul)

Ludwig Greven: Ja!

Ludwig Greven ist Journalist und Autor, er engagiert sich seit Jahren in der Flüchtlingshilfe. (Foto: Wikipedia)Die unkontrollierte Zuwanderung Hunderttausender Flüchtlinge und Migranten überfordert die Gesellschaft, ihre Aufnahme- und Integrationsfähigkeit. Die Kommunen, der ohnehin überlastete Wohnungsmarkt, die Schulen und Kindergärten und die vielen ehrenamtlichen Helfer – sie alle können nicht mehr. Der soziale Frieden und die politische Stabilität in Zeiten vielfältiger weiterer Krisen werden durch die unkontrollierte Zuwanderung gefährdet. Und auch die Menschen, die zu uns kommen wollen, werden so in Gefahr für Leib und Leben gebracht.

Dieser Artikel stammt aus Publik-Forum 19/2023 vom 06.10.2023, Seite 8
Was läuft falsch im Vatikan?
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Stärkere Kontrollen an den europäischen Außen- und Binnengrenzen sind deshalb schon lange geboten. Nicht, um Europa und Deutschland abzuschotten, was gar nicht möglich wäre, sondern um die Zuwanderung nach Möglichkeit zu steuern und diejenigen, die Anspruch auf Schutz und Aufnahme haben, zu scheiden von denjenigen, die aus anderen Gründen kommen. Vor allem aber auch, um den Menschenhandel der Schleuserbanden zu bekämpfen, die Menschen dazu verleiten, gegen viel Geld ihr Leben auf dem Mittelmeer, auf dem Weg dorthin oder in überfüllten Transportern aufs Spiel zu setzen. In vielen Fällen ohne realistische Bleibeperspektive.

Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, wird und muss Deutschland weiterhin aufnehmen. Ohne Obergrenze. Dazu sind wir humanitär, durch das Grundgesetz und völkerrechtlich verpflichtet. Darüber besteht unter den Bürgern breiter Konsens. Deshalb hat Deutschland auch mehr als eine Million Kriegsvertriebene aus der Ukraine aufgenommen. Es gibt jedoch kein Recht auf generelle unkontrollierte Einwanderung. Unmoralisch und unethisch ist es vielmehr, Menschen in großer Zahl ins Land zu lassen, ohne für ihre menschenwürdige Unterbringung und Versorgung sorgen zu können, um ihnen nach Jahren mitzuteilen, dass sie nicht bleiben dürfen. Sie dann aber dennoch weiter zu dulden und sich selbst zu überlassen.

Wenn die jetzige Situation andauert und sich in Dimensionen von 2015/16 wiederholt, würde das die AfD und den Fremdenhass weiter stärken. Das Asyl- und Flüchtlingsrecht ist auch nicht dafür da, wie vielfach argumentiert wird – nicht zuletzt von Wirtschaftsvertretern –, um die Probleme auf dem hiesigen Arbeitsmarkt zu lösen. Dafür braucht es einfachere Visa für Arbeitsmigranten und schnellere Verfahren. Auch das würde die ungesteuerte Zuwanderung mindern und die Bereitschaft in der Bevölkerung wieder erhöhen, Menschen in Not aufzunehmen.

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Nana Gerritzen: Nein!

Nana Gerritzen ist Redakteurin für Politik und Gesellschaft bei Publik-Forum. (Foto: Steffen Kugler)Wenn deutsche Polizisten sich an den Grenzübergängen zu Polen und Tschechien künftig wieder die Ausweise zeigen lassen, wird das die Zahl der aufzunehmenden Geflüchteten in Deutschland nicht nennenswert senken. Fluchtwege lassen sich verlagern, Kontrollpunkte umfahren. Der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) bezeichnete die Forderung angesichts der anstehenden Landtagswahlen als kostspieliges, weil personalintensives »politisches Wahlkampffeuerwerk«. Erfolgversprechender wären verstärkte Anstrengungen zur Aufdeckung und Zerschlagung von Schleuserstrukturen. Da diese international agieren, müsste allerdings auch ihre Bekämpfung auf internationaler Ebene koordiniert werden und in Zusammenarbeit mit anderen Ländern erfolgen.

Zuwanderung in großem Maß ist eine immense Herausforderung, die Gesellschaft und Kommunen, haupt- und ehrenamtliche Helfer an ihre Grenzen treibt. Sie verstärkt nicht wegzuredende Verteilungskonflikte auf dem Wohnungsmarkt, in Schulen und Kitas. Dennoch sollte man sich eingestehen, dass Migration sich faktisch nicht begrenzen lassen wird, zumindest nicht ohne den Einsatz massiver Gewalt. Im Gegenteil: Angesichts weltweiter Kriege, Krisen und des Klimawandels, der dazu führen wird, dass ganze Regionen in Zukunft nicht mehr bewohn- oder landwirtschaftlich nutzbar sind, wird sie eher zunehmen. Solange es nicht gelingt, Fluchtursachen zu bekämpfen, lautet die Frage nicht, ob oder in welchem Maß Migration stattfindet, sondern wie man mit ihr umgeht. Natürlich kann man über immer neue Methoden fachsimpeln, wie sich Migration gewaltsam eindämmen lässt. Man kann über erweiterte Grenzkontrollen diskutieren und die Abschottung an den EU-Außengrenzen. Man kann über das gerade noch zu rechtfertigende Maß an Gewalt bei Pushbacks streiten, über Zustände in Flüchtlingslagern und Bemühungen, Menschen, die hier Schutz oder eine Perspektive suchen, in ihre Herkunftsländer zurückzuschicken. Man kann, wie Altbundespräsident Gauck es kürzlich formulierte, »Spielräume entdecken, die uns zunächst unsympathisch sind, weil sie inhuman klingen«.

Oder man schützt humanitäre Werte statt Grenzen. Bewahrt zivilisatorische Errungenschaften wie die Menschenrechte, den humanistischen Grundsatz, dass wir alle frei und gleich an Würde und Rechten geboren sind, statt unseren gefährdeten Wohlstand – auch wenn das nicht zum Nulltarif geht. Unseren Wohlstand werden wir ohne Zugewanderte, die den demografischen Wandel ausgleichen, ohnehin nicht halten können.

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Personalaudioinformationstext:   Ludwig Greven ist Journalist und Autor, er engagiert sich seit Jahren in der Flüchtlingshilfe.

Nana Gerritzen ist Redakteurin für Politik und Gesellschaft bei Publik-Forum.
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Sind mehr Kontrollen an den Grenzen sinnvoll?

Mehr Kontrollen an den Grenzen zu Polen und Tschechien, so will die Bundesregierung der steigenden Zahl Geflüchteter begegnen. Ist das geeignet, um die Migration zu begrenzen? Diskutieren Sie mit und stimmen Sie ab bei unserem Pro & Contra!
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Willi Reinbold 10.10.2023, 10:11 Uhr:
Bei verstärkten Grenzkontrollen wird auf die "grüne Grenze" ausgewichen. Das habe ich 2015 an der Ukraine-Slowakei-Grenze persönlich schon erlebt. Die Schleußer finden da sicher entsprechende Wege. Wie soll ein Grenzpolizist einen Kriegsflüchtling von einem Klimaflüchtling oder Wirtschaftsflüchtling unterscheiden?

Martin Vogell 08.10.2023, 11:00 Uhr:
Ich bin davon überzeugt, dass mehr Kontrollen einfach nur den Druck im Kessel erhöhen und letztlich zu noch mehr Gewalt und menschlichem Leid führen. Einzig wirksames Mittel gegen "Schleuserbanden" (klingt seltsam, wenn man bedenkt, dass der Begriff "Schleuser" bis 1989 hierzulande durchaus positiv besetzt war...) wäre neben der Bekämpfung der Fluchtursachen eine weitgehende Legalisierung von Migration. Jeder Euro oder Dollar, den Schleuser bei Migranten abkassieren, fehlt als Startkapital für den Aufbau einer Existenz im Zielland.

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