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Dieser Artikel stammt aus
Publik-Forum, Heft 22/2021
Der Inhalt:
Politik & Gesellschaft

Flüchtlinge zwischen Belarus und Polen
Werte sind wichtiger als Grenzen

Im Konflikt mit Belarus um Flüchtlinge geht es um die Glaubwürdigkeit Europas. Ein Kommentar.
von Ulrike Scheffer vom 17.11.2021
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Was sich im polnisch-belarussischen Grenzgebiet derzeit abspielt, ist kaum zu ertragen. Die wenigen Bilder, die von hungernden und frierenden Familien in erbärmlichen Waldlagern zu uns gelangen, gehen einem noch im Schlaf nach. Es ist keine Frage, wer diese Krise verursacht hat und Menschen in Not missbraucht, um die EU zu spalten und zu erpressen. Sanktionen gegen das Regime in Belarus sind daher legitim. Beim Umgang mit den Flüchtlingen muss sich die EU, muss sich Polen und müssen wir uns alle jedoch klar von einer Diktatur unterscheiden. Europa muss in diesem Konflikt zuallererst seine Werte verteidigen und erst in zweiter Linie seine Grenzen. Sonst verliert es seine Glaubwürdigkeit. Die Härte, mit der die polnische Regierung gegen die Flüchtlinge vorgeht, läuft diesen Werten – Humanität und Menschenwürde – diametral entgegen. Sie spaltet Europa tatsächlich. Damit spielt Polen dem belarussischen Diktator Lukaschenko in die Hände. Würden die Flüchtlinge aufgenommen und versorgt, wäre Lukaschenko dagegen seines Druckmittels beraubt – und Europa moralischer Sieger dieses Machtkampfs. Das Argument, dass sich in der Folge Tausende, Hunderttausende gar auf den Weg machen könnten, um nach Polen zu gelangen, überzeugt nicht. Harte Sanktionen, auch gegen Lukaschenkos Helfer, Fluggesellschaften etwa, die Flüchtlinge aus der Türkei oder Syrien nach Belarus bringen, können das verhindern. Nur: Die polnische Regierung wird ihren Kurs nicht ändern. In einem Interview mit der rechten Zeitung Junge Freiheit droht Polens Botschafter in Berlin sogar mit Waffengewalt. Wer also kann Europas Fahne hochhalten in dieser verfahrenen Lage? Die Kirchen vielleicht? Ein Marsch europäischer Pfarrerinnen und Priester ins polnisch-belarussische Grenzgebiet, verbunden mit dem Angebot des Kirchenasyls, wäre ein starkes Signal.

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