Proteste im Iran
Weibliche Körper als Schlachtfeld
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Etwa zwei Monate vor dem Tod von Mahsa Amini im Iran sagte die libanesische Schriftstellerin Alawiya Sobh in einem Interview der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: »Ich habe das Gefühl, dass durch die Diktaturen und durch die islamistischen, extremistischen oder terroristischen Mächte niemand in dieser Region von einer psychischen oder körperlichen Krankheit verschont geblieben ist.« Und weiter: »Kultur, Institutionen und Gesetze in dieser patriarchalisch-islamischen Gesellschaft perpetuieren die Angst der Frauen vor ihrer Weiblichkeit und ihren Körpern. Es gibt Gewalt gegen Frauen auf allen Ebenen.«
Mahsa Amini starb, nachdem sie von der iranischen Sittenpolizei festgenommen worden war, weil sie ihr Kopftuch nicht vorschriftsmäßig getragen haben soll. Offiziell brach sie wegen eines Herzfehlers a
Georg Lechner 13.01.2023:
Das Hauptproblem ist der Patriarchalismus, darum nimmt auch in westlichen Gesellschaften das Problem mit den Femiziden zu. Befördert wird diese Tendenz durch die Boulevardblätter. Schon die 2011 verstorbene Johanna Dohnal beklagte die gesellschaftspolitische Rolle rückwärts: »Das gegenwärtige Wiedererstarken männlicher Werthaltungen und traditioneller Rollenbilder geht einher mit Xenophobie, Nationalismus, Sexismus und Sozialabbau, mit dumpfem Populismus und Provinzialismus, mit Militarismus und der Aushöhlung von Rechtsstaatlichkeit.« Zu Recht wird im Artikel darauf verwiesen, dass dieser Patriarchalismus durch den Islam gar nicht gedeckt ist.
Dagmar Timm 13.01.2023:
Danke für den Artikel. Allerdings sollten die aktuellen Proteste im Iran uns nicht den Blick auf Gewalt gegen Frauen auch in nicht-islamischen Kulturkreisen verstellen, was ja im Artikel anfangs auch erwähnt wird. Wie auch in anderen Teilen der Welt wird die Religion als Vorwand genutzt, patriarchalische und frauenfeindliche Haltungen in Gesetze zu gießen. Aber ein säkularer Staat ist kein Garant für weniger Gewalt gegen Frauen. Es geht um gesetzliche Gleichstellung, ökonomische Unabhängigkeit, um verbriefte Rechte und die Möglichkeit, diese wahrzunehmen. All das haben Frauen im Iran nicht – aber nicht nur dort. Das Kopftuch ist besonders sichtbar und hat eine Symbolwirkung. Was Gewalt gegen Frauen im eigenen oder in uns näheren Kulturkreisen betrifft, wollen wir lieber nicht ganz so genau wissen. Da gucken wir lieber nach Iran oder Saudi-Arabien. Als Europäerinnen laufen wir damit Gefahr, die Ereignisse im Iran nur aus unserer Sichtweise zu beurteilen, und versäumen es, auch die Folgen unserer christlich geprägten Kultur kritisch zu hinterfragen.
Georg Lechner 07.12.2022, 17:39 Uhr:
Ohne den verbrecherischen CIA-Putsch gegen die Regierung Mossadegh anno 1953 wären die Mullahs wohl nicht an die Macht gekommen. Wie sehr die Bevölkerung ausgebeutet wurde, habe ich einer Erzählung eines Onkels entnommen, der in der Schah - Ära den Iran bereiste. Die Fabriksarbeiter gingen kilometerweit zur Arbeit in Sandalen, die sie aus ausgedienten Autoreifen geschnitzt hatten. Auf die Frage, ob sie denn so gering entlohnt würden, kam die Antwort: "Sonst beenden sie das Arbeitsverhältnis, sobald sie glauben, sich und ihrer Familie damit den Lebensabend gesichert zu haben."
Georg Lechner 07.12.2022, 17:28 Uhr:
Das Hauptproblem ist der Patriarchalismus, darum nimmt auch in westlichen Gesellschaften das Problem mit den Femiziden deutlich zu. Befördert wird diese Tendenz durch die Trottoirblätter. Schon die 2011 verstorbene Johanna Dohnal beklagte die gesellschaftspolitische Rolle rückwärts: "Das gegenwärtige Wiedererstarken männlicher Werthaltungen und traditioneller Rollenbilder geht einher mit Xenophobie, Nationalismus, Sexismus und Sozialabbau, mit dumpfem Populismus und Provinzialismus, mit Militarismus und der Aushöhlung von Rechtsstaatlichkeit." Dabei hat sie die Ära Kurz gar nicht mehr erlebt.
Zu Recht wird im Artikel darauf verwiesen, dass dieser Patriarchalismus durch den Islam gar nicht gedeckt ist (genausowenig wie die westliche Machtpolitik oder Russlands Krieg gegen die Ukraine durch die Bergpredigt und das Beispiel Jesu). Die meisten sunnitischen Regimes sind Marionetten des Westens, für den Iran gilt Hugo Balls Verdikt: "Eine Theokratie ist das Sakrileg der Sakrilege".