Die Welt fünf Jahre in der Zukunft
Roman. Frank arbeitet bei einer Hilfsorganisation in Indien, als dort in einer nie da gewesenen Hitzewelle Hunderttausende sterben. Er ist der einzige Überlebende an seinem Einsatzort. Traumatisiert gelangt der US-Amerikaner in die Schweiz, wo in Zürich das von den Vereinten Nationen eingesetzte »Ministerium für die Zukunft« seinen Sitz hat. Dessen Chefin, Mary Murphy, sucht mit ihrem Stab nach Strategien, die Rechte künftiger Generationen angesichts der fortschreitenden Erdüberhitzung geltend zu machen. Frank hält das alles für zu zaghaft, macht sie für die Toten in Indien verantwortlich und bedroht sie in ihrer Wohnung. Er redet ihr ins Gewissen – und verschwindet. Ein Irrer? Ein Mahner?
Der Roman spielt nur fünf Jahre in der Zukunft; die Welt, die er schildert, ist der unseren bedrückend ähnlich. Das Wissen. Das Verdrängen. Das Nicht-Handeln. Die verstörende Begegnung verändert Mary Murphy. Und als auch die USA von einer todbringenden Hitzewelle erfasst werden, ändert dies so manches.
Der 700 Seiten dicke Roman des renommierten Science-Fiction-Autors Kim Stanley Robinson kann einen verzweifeln und auch hoffen lassen, dass die Welt in der Klimakrise noch die Kurve kriegt.
Die Erzählstränge um Mary Murphy und Frank May werden unterbrochen durch kurze Erklärkapitel von ein bis zwei Seiten über die Verbrennung von fossilem Kohlenstoff, die biologische Landwirtschaft im indischen Bundesstaat Sikkim oder die internationale Finanzordnung nach dem Zweiten Weltkrieg. Das muss man mögen. In anderen Kapiteln tauchen namenlose Icherzähler auf – der geknechtete Matrose eines Fischtrawlers oder die Bewohnerin eines Flüchtlingslagers. Alles zusammen ergibt ein Bild beziehungsweise eine Ahnung, was möglich ist, wenn Regierungen, Zentralbankchefs und Unternehmer mutig handeln, gerade noch rechtzeitig. Lesenswert!