Worte statt Taten
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Bald steht die katholische Kirche wieder einmal am Pranger. Anfang März beginnt in Melbourne der Prozess gegen Kardinal George Pell wegen sexuellen Missbrauchs und Vertuschung. Der von Benedikt XVI. geförderte Pell gilt als das »Gesicht des Missbrauchs« in den Spitzenrängen der Kirche, seitdem viele seiner Missbrauchsgeschädigten zu ihm nach Rom reisten und dort öffentlich aussagten. Zugleich ist der Fall Pell ein Fall Franziskus. Denn treu hält bislang Franziskus an Pell fest, ja, er machte ihn zum Finanzchef im Vatikan und Mitglied der Reformkommission K9. Franziskus kann in Personalfragen stur sein. Doch er gefährdet die Glaubwürdigkeit seines Engagements für die Opfer, wenn er an Männern festhält, die der Pädophilie verdächtig sind. Bei seiner Kommission gegen sexuellen Missbrauch in der Kirche ließ er es zu, dass die betroffenen Opfer angesichts der zynischen Coolness von Vatikantheologen entnervt austraten. Und jüngst hat Franziskus bei der Reise nach Chile sein Engagement für unterdrückte Indigene und Arme entwertet, weil er an dem wegen pädophiler Verbindungen umstrittenen Bischof Juan Barros im Minibistum Osorno festhielt. Er fordere »Beweise«, sagte Franziskus – ohne zu beachten, dass traumatisierte Missbrauchsopfer oft keine »Beweise« haben. Deshalb kritisiert ihn der Vorsitzende der Päpstlichen Kinderschutzkommission, Bostons Kardinal Sean O’Malley. Immerhin: Wochen später, als der Vertrauensschaden riesig war, schickte Franziskus seinen besten Fachmann, den Malteser Erzbischof Charles Cicluna, als Sonderermittler nach Chile. Franziskus übt sein Leitungsamt vor allem dadurch aus, dass er neue Bischöfe ins Amt bringt, die seiner Version von Kirche entsprechen. Das ist effektiv, aber wenig transparent. Wenn er an den Falschen festhält, sogar gefährlich.