Roman
Die totale Überwachung könnte unsere Zukunft sein
Roman. Wie sieht die Welt aus, wenn Amazon, Google und Facebook fusionieren? Dave Eggers Roman »Every« spielt in einer nahen Zukunft, in der dies geschehen ist. Der aus dem Zusammenschluss entstandene Konzern Every hat ein unvorstellbares Monopol, er kontrolliert alles und alle. In dieser Welt sind nahezu alle Straßen und auch die meisten Wohnungen mit Überwachungskameras ausgestattet. Apps helfen den Menschen, sich jeden Tag ausreichend zu bewegen, genügend Wasser zu trinken und die eigene Wortwahl stetig zu verbessern. Eine erfolgreiche App bewertet, wie wahrhaftig die Freundin beim Videotelefonat war, als sie sagte: »Ich vermisse dich.« Dabei sammeln Apps und Kameras unentwegt Daten und werten sie aus. Delaney, die Protagonistin des Romans, bewirbt sich bei Every – um den Konzern zu zerstören. Dazu entschied sie sich, als auch in den Nationalparks der USA, in denen sie als Rangerin arbeitete, die Mobilfon-Pflicht für Wanderer und Mitarbeiterinnen eingeführt und damit die Überwachung auf die Rocky Mountains und die tiefsten Wälder ausgedehnt wurde. Einen Masterplan hat sie nicht, lediglich die Idee, den Konzern von innen heraus anzugreifen. Dafür hat sie sich über Jahre hinweg einen Every-konformen Lebenslauf zugelegt, trägt stets eine Bodycam und postet – wie es zu einem guten Social-Media-Image gehört – jeden Tag unzählige Smileys, Selfies und Regenbögen. Dave Eggers, der US-amerikanische Autor, schreibt mit diesem neuen Roman seinen 2013 erschienenen Bestseller »The Circle« fort. Ihn gelesen zu haben ist aber kein Muss. Das Erschreckende an »Every«: Diese Entwicklung scheint möglich. Was Eggers beschreibt, kann nur zu gut unsere Zukunft sein. Wie er es schreibt – das hat hier und da Längen: Wenn Delaney wieder eine neue Station bei Every antritt oder eine neue, noch absurdere App erfunden und beschrieben wird. Dennoch: Es ist ein Roman, der mir im Gedächtnis bleibt und der meine Sicht verändert auf mein Mobiltelefon, die Apps, die ich nutze, auf Facebook, das jetzt Meta heißt, und auf die Datenkrake Google. Hoffentlich wird nicht wahr, was Eggers sich ausdenkt.