Leserbrief
Selbstreflexion
Zu: »Glaube, Macht, Gewalt« (3/2024, Seite 12-16)
Den Begriff der »Pastoralmacht«, den Thomas Großbölting im Zusammenhang mit der aktuellen Missbrauchsstudie in der Evangelischen Kirche formuliert hat, finde ich sehr erhellend. Er bringt die Ursache der Missbrauchsvorgänge in beiden Kirchen auf den Punkt. Der Umgang mit dieser speziellen Macht braucht Reflexion und vor allem religionspsychologisches Wissen. Dass sich die Kirchen dieser Aufgabe stellen und konsequent in Priesterausbildung und -fortbildung selbstreflexives Verhalten und psychologische Orientierung verankern, erscheint mir nicht nur wünschenswert, sondern dringend geboten. Die christliche Religion entwickelte sich in der Spätantike und nahm in weiteren geschichtlichen Epochen immer neue geistige Strömungen in ihre Lehre auf. Warum gelingt es nicht, den heutigen geistesgeschichtlichen Kontext in kirchliches Denken und Handeln zu integrieren? Anne Grillenberger, Hohenaltheim
Ich denke, dass die Ursache für Macht und Machtmissbrauch in den Kirchen im Menschenbild und im Gottesbild des Handelnden wurzelt. In Europa sind wir als Christen aller Denominationen mit der (Kreuzes-) Theologie des Paulus aufgewachsen. Er sieht uns als sündige, unwürdige und nichtsnutzige Menschen, geschaffen von einem Gott, der als Lösegeld für unsere Missetaten das stellvertretende Folteropfer eines Menschen fordert. Dass es dabei um »seinen Sohn« geht oder gar um ihn selbst als »menschgewordenem Gott«, macht es nicht gewaltfreier. Die Gnade Gottes wird den Schuldbeladenen von Priestern, Pfarrern und Pastoren zugesprochen. Das schafft auf der einen Seite Demütigung und Abhängigkeit, auf der anderen Seite Macht und Ansehen. Diese Konstellation öffnet dem Machtmissbrauch Tor und Tür. Wann endlich wird Jesu Leben und seine Lehre die Basis unseres Glaubens? Wann übernehmen wir sein Menschenbild? Wann endlich glauben wir wie er an einen liebenden Gott, der die Menschen zu seinem Ebenbild geschaffen hat? Wann vertrauen wir mit Jesus darauf, dass ein Mensch, der gefehlt hat, Rechenschaft geben und Verantwortung übernehmen muss, aber Vergebung erfährt, ohne seine Würde zu verlieren? Marlise Weinitschke, Bad Kreuznach
Publik-Forum EDITION
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