Kein Gramm Wortfett zu viel
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Pop. Eine Musikkritikerin schrieb einmal, dass die Texte von Christiane Rösinger »kein Gramm Wortfett zu viel enthalten«. Seit sie in den 1980er-Jahren aus der badischen Provinz nach Berlin zog und mit zwei Kolleginnen die »Lassie Singers« gründete, ist sie bekannt für ihre eingängige, aber nie gefällige Musik, ihre schonungslose Analyse von Beziehungsstrukturen, die kritisch-melancholische Bestandsaufnahme der Welt und eine große Portion Humor in den Texten. Die Musikerin ist so etwas wie die feministische Stimme des deutschen Indie-Pop. Später gründete sie das Label »Flittchen Records« und die Band »Britta«, arbeitete als Journalistin und Autorin, wurde aber natürlich nie reich durch ihre Arbeit. In ihrem unverwechselbaren Stil besingt sie nun auf ihrer neuen CD »Lieder ohne Leiden« auch ihren Schmerz: das Leiden am Älterwerden (»Joy of Ageing«) und Abgehängtsein (»Was jetzt kommt«). Und an der fortschreitenden Gentrifizierung der Städte (»Eigentumswohnung«). So zitiert sie im Eröffnungssong »Kleines Lied« auch den von ihr geschätzten Heinrich Heine: »Wie Tränen, die uns plötzlich kommen, so kommen plötzlich auch die Lieder.« Und wie Heine solche Zeilen oft ironisch brach, setzt auch Rösinger nach: »Und weil ich melancholisch bin, nehm’ ich das alles schwer, und weil ich musikalisch bin, gibt das ein paar Lieder her.« Die aber klingen wunderbar leicht: Gitarre, Piano, hier und da ein Saxofon lassen Sixties-Pop durchscheinen und die ein oder andere Ohrwurm-Melodie entstehen. Schöner als bei Christiane Rösinger kann es in diesem Frühjahr kaum klingen, das Leiden an der Welt.