Leserbrief
Ein Gott für alle Völker
Zu: »Ist der Gott Abrahams ein Stammesgott?« (5/2024, Seite 37)
Ich halte den Gott Abrahams nicht für einen Stammesgott. Nachdem Abraham seinen Neffen Lot aus der Gefangenschaft des Königs Kedor-Laomer befreit hatte (Genesis 14-17ff.), kam ihm auf dem Rückweg im Tal der Könige der König von Salem, Melchisedek, mit Brot und Wein entgegen und segnete ihn. Er war ein Priester des höchsten Gottes, der »Himmel und Erde erschaffen hat«. Der Gott Abrahams war demnach auch außerhalb von Abrahams Stamm bekannt. Gott sprach zu einzelnen Menschen, Frauen und Männern. Er pflegte auch intensive Beziehungen zu Stämmen und Volksgruppen; ihr Wohlergehen lag ihm am Herzen. Ist nicht Gott von Anfang an darauf angewiesen, dass einzelne Menschen ihn hören, ihn verstehen und das, was er ihnen offenbart, an ihre Stammesmitglieder oder Volksgenossen weitergeben? Wir sehen das bei Noah, Moses, bei den Propheten bis hin zu Jesus, und auch heute. Schon im ersten Testament verstanden einige dieser »Vermittler«, dass ihr Gott ein Gott für alle Völker ist. Marlise Weinitschke, Bad Kreuznach
Wenn man den Erzählungen der Urgeschichte Israels Ereignischarakter zuspricht, kann man die Frage, ob der Gott Abrahams ein Stammesgott ist, natürlich stellen. Die Antwort darauf von Frau Erbele-Küster halte ich allerdings für ziemlich daneben. Die diesbezüglichen Berichte der Thora sind Mythen und Legenden, die zur Zeit ihrer Verfassung dem Zweck dienten, eine nach innen und außen gerichtete mentale Ertüchtigung der jüdischen Stämme in Bezug auf ihre Existenzsicherung zu bewirken. Auch der erste Satz der angesprochenen Schöpfungserzählung bedeutet nicht, dass ein oder der Gott die Welt erschaffen hat, sondern dass wir Menschen die letzten Geheimnisse der Entstehung des Lebens und des Universums nicht ergründen können. Das hat im Übrigen eine bis heute gültige Bedeutung: Jegliche Absolutismen mit gesellschaftlichem oder individuellem Pauschalitätsanspruch, die Menschen sich zurechtlegen können, sind gedankliche Konstrukte ohne Wert für unser Miteinander. Der auf Abraham als Urahn Israels bezogene Glaube beinhaltet also sowohl stammesgeschichtliche als auch universelle Aspekte. Christoph Müller-Luckwald, Bingen
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