Film
Mutterliebe im Stresstest
Kino. Außerhalb seiner Wohnung trägt der 13-jährige Felix meist Kopfhörer. Lärm überfordert ihn ebenso wie direkter Blickkontakt. Er kann seine Gefühle nicht modulieren und läuft weg, wenn er eine Panikattacke hat. Wild schlägt er um sich bei einem seiner Wutausbrüche. Da fließt auch Blut. So lebt seine alleinerziehende Mutter Eva in ständiger Alarmbereitschaft, obwohl Felix von einer Einzelbetreuerin im Unterricht begleitet wird. Wie eine Löwin kämpft Eva darum, dass ihr Sohn in seiner inklusiven Schule bleiben darf, gerät aber ans Ende ihrer Kräfte. Das feinfühlige Drama über den Alltag einer Mutter und ihres Sohnes mit Asperger-Syndrom – eine im autistischen Spektrum angesiedelte psychische Störung – ist merkbar von autobiografischen Erfahrungen geprägt. Daneben flossen in diesen Debütfilm umfangreiche Recherchen bei Jugendämtern und Betreuern ein. In sprechenden Details wird die Liebe, aber auch steigende Verzweiflung in der Beziehungsdynamik des Mutter-Sohn-Duos deutlich. Unter dem Druck ihres Arbeitgebers wegen Fehlzeiten und dem Stress mit der Schule verschließt sich die junge Frau zunehmend, sogar gegenüber dem hilfsbereiten Nachbarn Pelle. Dabei ist der handfeste Fischhändler, der Felix ohne viele Worte an seiner Arbeit teilhaben lässt, Felix’ wichtigste Bezugsperson, neben seiner Mutter. Trotz hervorragender Darsteller, darunter Liv-Lisa Fries, leidet der Film ein wenig darunter, dass der Junge selbst meist von außen beurteilt wird. Er ist das »Problemkind«, über das alle reden, jedoch redet niemand mit ihm selbst. Jenen entspannten Momenten etwa, in denen er seinen besonderen Begabungen nachgeht – mit Hingabe zeichnet er Tiere –, wird wenig Zeit gewidmet. Gerade durch diesen Mangel macht der Film deutlich: Geduld und Achtsamkeit sind die vielleicht wichtigste Währung nicht nur im Umgang mit Asperger-Kindern.