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Leben zwischen Autonomie und Bezogenheit

von Christel Hildebrand vom 11.08.2006
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Ingrid Riedel
Die Welt von innen sehen
Walter. 220 Seiten. 24,90 EUR

Wie die Welt und ihre aktuellen Probleme durch die Psyche gleichsam von innen gesehen werden und dabei nicht selten sogar ein kritisches Korrektiv hilfreich in den Blick kommt, das zeigt die Autorin mit Hilfe zahlreicher Beispiele aus ihre psychotherapeutischen Praxis. Auch die Phänomene um den Harry-Potter-Boom, die Wiederkehr der Engel und andere Trends sowie zeitnahe Träume von Klienten werden analysiert und als Kompensation des kollektiven Bewusstseins gedeutet. In Kontakt und Reibung mit der Außenwelt entwickelt und entfaltet sich die je eigene Psyche. Menschen erleben dabei Abhängigkeit. Um zur Autonomie zu gelangen, ist Ablösung nötig, aber eine absolute Autonomie ist Unbezogenheit, die leugnet, dass wir einem größeren Ganzen zugehören. »Anhänglichkeit« ist für Ingrid Riedel die Alternative, die Autonomie und Bezogenheit gleichzeitig ermöglicht und frei bejahte Abhängigkeit kunstvoll gestaltet. Zugänge zur gelebten Spiritualität heute erschließt die promovierte Theologin vor dem Hintergrund des religionspsychologischen Ansatzes von Carl Gustav Jung im dritten und letzten Teil ihres Buches. Erlösung in psychologischer Sicht, Heilung und Selbstwerdung weisen darauf hin, dass eine neue religiöse Identität nötig und möglich ist, die elastische, fließende Grenzen hin zum Anderen und Fremden erlaubt und die sensibilisiert für Sinn und Weltverantwortung, wie die Mystikerinnen und Mystiker sie vorgelebt haben. Die innere Schau lässt den großen inneren Zusammenhang allen Seins erfahren und hebt die in der Subjekt-Objekt-Spaltung erfahrene Einsamkeit auf. Der Frieden mit den Nahen und Fernen und der innere eigene Frieden sind untrennbar miteinander verwoben.

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