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Streitschrift wider das Gutmenschentum

von Thomas Wagner vom 09.09.2005
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James Hillman
Die erschreckende Liebe
zum Krieg
Kösel. 298 Seiten. 22,95 EUR

Warum kann der Mensch keinen Frieden halten? Warum will der Mensch den Krieg? Der US-amerikanische Philosoph und Psychoanalytiker in der Schule von C. G. Jung, James Hillman, geht diesen Fragen in seiner psychologischen Studie nach. Seine Grundthese lautet: Der Krieg ist normal und gehört zum Leben. Die Akzeptanz der kampf- und kriegsbereiten Seite in jedem Menschen ist Voraussetzung, die Lust am Krieg zu verstehen. Nur wer sich der Liebe zum Krieg zuwendet, kann an seiner Verhinderung arbeiten. Hillmans Studie lässt sich lesen als detailreiche und überzeugend argumentierende Streitschrift wider das Gutmenschentum oder einen idealistischen Pazifismus. In seiner aufrüttelnden Analyse wird deutlich, dass Krieg eine mythologische Kraft ist, die nicht nur in den Köpfen der Generäle residiert, sondern in den Seelen aller Menschen und aller Religionen. Jedoch bleiben seine Ausführungen im individualistischen Grundgerüst der Psychoanalyse und deren anthropologischem Pessimismus stecken. Ansätze der kritischen Friedens- und Gewaltforschung, wie sie zum Beispiel Johan Galtung vertritt, werden leider nicht diskutiert. Auch Impulse einer mystisch orientierten Theologie, wie sie von Thomas Merton angedacht und von Dorothee Sölle weiterentwickelt wurde, werden nicht aufgegriffen. Überhaupt ignoriert Hillman den aktuell reichhaltigen europäischen Diskurs zum Wesen des Krieges in unserem unipolaren Zeitalter unter US-amerikanischer Hegemonie. Hillmans emphatischer Wurf bleibt in den Fesseln seines mythisch-psychologischen Ansatzes stecken.

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