Die frühen Kämpfe der Frauen im Parlament
Kino. »Hätte man das nicht zwischenmenschlich regeln können?«, fragt ein TV-Journalist kummervoll, als die Grünen 1983 einen »Busengrabscher« aus ihren Reihen schassen. Die interviewte Waltraud Schoppe bleibt unbeirrt. Mit dem Einzug der Grünen in den Bundestag war es mit dem Stillschweigen über sexistische »Kavaliersdelikte« vorbei. In diesem Dokumentarfilm über Pionierinnen der Bonner Republik zählen die Erinnerungen an Handgreiflichkeiten zu den bestürzenden Details. Verbale Attacken konterten die weiblichen Neulinge beim Vordringen ins parlamentarische Männerrevier. Doch angesichts körperlicher Übergriffe durch staatstragende »Schwarzröcke« waren sie anfangs wie vom Donner gerührt. Eingerahmt von Archivaufnahmen erzählen ein Dutzend gestandener Politikerinnen, unter ihnen Christa Nickels (ehemalige Herausgeberin von Publik-Forum), Rita Süßmuth, Renate Schmidt, wie sie sich mit Mut, Zähigkeit und Humor gegen unverhohlene Aggressionen politischer Platzhirsche durchsetzten. So würdigt dieser Film sie nicht nur als feministische Vorbilder. Die von den 1950er-Jahren bis zum Mauerfall reichende Chronik ist eine Geschichtsstunde aus weiblicher Perspektive, so aktuell wie die abschließende Warnung der Künstlerin Annemirl Bauer von 1988: »Frauen, wenn wir heute nichts tun, dann leben wir morgen wie vorgestern.«