Wer sich Jude nennen darf
Ist der Lyriker und Essayist Max Czollek Jude? Ja, sagt er selber. Nein, hat nun der Schriftsteller Maxim Biller in der »Zeit« gesagt – und einen heftigen wie vielschichtigen Streit ausgelöst. Hat Czollek, einer der wichtigen und originellen jungen Intellektuellen in Deutschland, sich Aufmerksamkeit und Glaubwürdigkeit erschlichen, indem er sich als Jude ausgab, ohne einer zu sein? Das ist Billers Vorwurf, der auch deshalb so polemisch vorgetragen sein mag, weil die beiden ums knappe Gut der öffentlichen Aufmerksamkeit konkurrieren.
Formal hat Biller recht: Jüdischsein wird nach den jüdischen Religionsgesetzen über die Mutter weitergegeben. Und der letzte aus Czolleks Verwandtschaft, der demgemäß Jude war, war sein Großvater. Czollek hat das schon anders erzählt – das macht ihm auch Josef Schuster zum Vorwurf, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland: »Wer das eigene Wirken in der Öffentlichkeit über die Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft legitimiert, sollte ehrlich sein«, schrieb er in der Jüdischen Allgemeinen. Czollek verteidigt sich: Er sei schon 2020 auf einem Panel des Zentralrats offen als »Vaterjude« aufgetreten. Unterstützung erhält der Lyriker von mehreren jüdischen Publizisten, unter anderem von Ofer Waldman: Czolleks Großvater sei Häftling in Dachau und Buchenwald gewesen, »zur gleichen Zeit wie die Vorfahren derer, die seinem Enkelkind nun das Recht absprechen, aus seiner jüdisch geprägten Biografie heraus zu argumentieren«. Zudem habe er sich nicht um ein Rabbineramt beworben.