Märtyrer, die die Amtskirche im Stich ließ
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Alexander Groß
Gehorsame Kirche
Ungehorsame Christen im Nationalsozialismus. Grünewald. 96 Seiten. 19,80 DM
Bei vielen Katholiken gab es in der NS-Zeit keine klare Trennlinie zwischen Loyalität im staatsbürgerlichen Verhalten und Resistenz im ideologischen Bereich, zwischen Anpassung und Opposition. Auch kirchliche Selbstverteidigung und politischer Widerstand sind nicht immer deutlich abzugrenzen. Groß wendet sich aber mit Recht gegen jeden Versuch seitens der Amtskirche, die von ihr damals teilweise bis in den Tod völlig allein gelassenen Einzelkämpfer - zu denen auch sein 1945 hingerichteter Vater gehörte - zu vereinnahmen. Bereits 1985 protestierte Groß in Publik-Forum gegen entsprechende Veröffentlichungen der Deutschen Bischofskonferenz. Jetzt hat er seine Sicht systematisiert und fortgeschrieben. Mit bezeichnenden Zitaten aus bischöflichen Stellungnahmen belegt er die Kluft zwischen Kirchenleitung und widerständigen Christen sowie die unterlassene Hilfeleistung für die Juden. Insoweit ist sein Appell, durch diese Erinnerung sich für »eine Widerstandskultur auch über die nationalen Grenzen hinaus« zu öffnen, völlig berechtigt. Eine geschichtliche Würdigung des gesamten Kontexts - etwa eine Diskussion über Legitimität und moralische Grenzen eines Spagats zwischen prophetischem Handeln und seelsorgerischen Zwängen - sollte man sich allerdings von dem Plädoyer nicht erwarten.